Grundschule / 05.06.2019

{First Steps} The same – but different

Differenzierung im Englischunterricht der Grundschule

Die Heterogenität der Schülerschaft wächst stetig, der Anspruch des gemeinsamen Unterrichtens bleibt jedoch bestehen. Wie kann es im Zeichen der Inklusion gelingen, Kinder mit ihren individuellen Bedürfnissen und unterschiedlichen Entwicklungsstufen angemessen zusammen zu unterrichten? Zum Lehrwerk Sunshine wurden Differenzierungsmaterialien auf vier Niveaustufen entwickelt, bei dem identische Aufgabenformate alle Lerner als Gemeinschaft zusammenführen. Die Kopiervorlagen zeigen, wie Aufgaben zu einem Hörtext auf vier Anforderungsniveaus bearbeitet werden können. 

Bild: Shutterstock.com/wavebreakmedia

Die Verschiedenheit der Lernenden ist tägliche Normalität in unseren Klassenzimmern. Alle Kinder sollen beim Erlernen der englischen Sprache viele kleine und große Erfolge erleben und dabei Spaß haben. Die unterschiedlichen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler als Chance anzunehmen, ist für Lehrkräfte eine große Herausforderung.

Differenzierung fängt im Kleinen an. Die neugierigen und wissbegierigen Kinder möchten oft schon am Ende einer Stunde wissen, was in der nächsten folgt. Sie blättern gern im Pupil’s Book oder Activity Book zu den kommenden Units oder versuchen, Wörter und Texte zu lesen, die zu einem späteren Zeitpunkt gelernt werden sollen. Gern stehen sie vor Themenpostern und Bildern im Klassenraum, tauschen sich lebhaft darüber aus, geben einander Erklärungen und fragen nach. Diese Neugierde und Vorfreude wirkt oft ansteckend. Auch die zurückhaltenden Kinder sollten jedoch besonders in die Einstiegsrituale der Unterrichtsstunde einbezogen werden, um ihnen emotionale Sicherheit zu vermitteln. Da flüstert z. B. die Handpuppe zu und ermuntert, wenn im "Warming up" beim Smalltalk oder bei kurzen Wort- und Rollenspielen die Antwort nicht gleich parat ist. So kann der Unterricht für alle freudvoll beginnen.

Zielgleiche, aber niveaudifferenzierte Förderung

Allen ist klar: nach der Einführung neuer Wörter und Redemittel muss geübt und angewendet werden. Wie kann das nun für alle Lerner gelingen, sodass sinnstiftend geübt werden kann? Wie gelingt die gemeinsame Kommunikation?

Zum Lehrwerk Sunshine wurde ein Differenzierungsmaterial mit vierfach differenzierten Aufgaben entwickelt. Es enthält vielfältige Angebote zur gezielten Förderung der im frühen Englischunterricht relevanten Kompetenzen in den Bereichen Hör- und Leseverstehen sowie Schreiben und Sprechen. Sie eignen sich besonders für die Übung und Festigung des gelernten Wortschatzes und relevanter Redemittel. Bei der Auswahl der differenzierten Aufgaben ist es wichtig, dass diese dem aktuellen Entwicklungsstand, der Leistungsfähigkeit und den abrufbaren Arbeitstechniken der Schülerinnen und Schüler entsprechen. Selbsterklärende Aufgabenstellungen ermöglichen eigenständiges Üben. 

Sunshine - Differenzierungsmaterial auf vier Niveaustufen - 3. Schuljahr

Sunshine

Englisch ab Klasse 3 - Allgemeine Ausgabe 2020 · 3. Schuljahr

Differenzierungsmaterial auf vier Niveaustufen
Mit editierbaren Kopiervorlagen und Hörtexten auf CD-ROM
Sunshine - Differenzierungsmaterial auf vier Niveaustufen - 4. Schuljahr

Sunshine

Englisch ab Klasse 3 - Allgemeine Ausgabe 2020 · 4. Schuljahr

Differenzierungsmaterial auf vier Niveaustufen
Mit editierbaren Kopiervorlagen und Hörtexten auf CD-ROM

Passgerechte Auswahl – der Unterschied macht’s

Vor dem Einsatz von differenzierten Angeboten ist es wichtig herauszufinden, worin die konkreten Unterschiede zwischen den einzelnen Niveaustufen bestehen. So enthält die erste Stufe einfache Aufgabenstellungen in Englisch und Deutsch. Sie erfordert nur in geringem Maße eigene Lese- bzw. Schreibleistungen und ist durch eindeutige Zuordnungen fokussiert auf grundlegenden Wortschatz bzw. häufig geübte Redemittel. Dagegen müssen die Schülerinnen und Schüler bei der vierten Niveaustufe u. a. komplexe Aufgabenstellungen in Englisch verstehen, die teilweise auch unbekannten Wortschatz enthalten. Sie lesen Fließtexte, beachten Details und erfüllen offene Schreibaufgaben.

Bei den ersten Einsätzen sollte die Lehrkraft die Einteilung der vier Gruppen vornehmen. Sie hat die Lernenden im Unterricht beobachtet und kann jedem Kind eine Aufgabe geben, zu deren Erfüllung es in der Lage ist. Wenn die Schülerinnen und Schüler mit der Arbeitsweise bereits vertraut sind, können sie auch selbst die Stufe auswählen, die sie sich zutrauen. Um negativen Tendenzen (Stigmatisierung, Motivationsverlust, Anstrengungsvermeidung) entgegenzuwirken, sollte die Gruppeneinteilung für jede Übungsphase neu vorgenommen und für die Lerner sichtbar gemacht werden.

Denken muss jeder allein

Jedes Kind bearbeitet die Aufgabe zügig und selbstständig an seinem Platz. Dabei können alle zur Verfügung stehenden Englischmaterialien zur Unterstützung genutzt werden. Als letzte Möglichkeit können meine Schülerinnen und Schüler meine Hilfe anfordern. Dies geschieht mithilfe der roten Ampel, einer Toilettenpapierrolle, deren eine Hälfte mit grünem, die andere mit rotem Papier umwickelt wurde. Stellt ein Kind die rote Seite nach oben, gehe ich zu seinem Platz und frage How can I help you? Mit der Erklärung des Problems finden viele bereits eigenständig die Lösung.

Zu den Ritualen sollte auch die Festlegung der zur Verfügung stehenden Zeit gehören. Günstig ist, wenn die Kinder sehen können, wie sie in der Zeit liegen. Dazu eignen sich z. B. große Sanduhren oder die Uhr im Klassenraum. Ist es gelungen, jedem Kind die passende Aufgabe zuzuordnen, sind alle etwa zur gleichen Zeit fertig. Besonders rasch arbeitende Kinder könnten nach erfolgter Selbstkontrolle als "assistant" bei den roten Ampeln Hilfestellung geben.

Die Kontrolle als unverzichtbares Ritual

Bei der Kontrolle erleben die Kinder ihren Lernfortschritt unmittelbar und erfahren häufig auch die Anerkennung ihrer Mitschüler. Meine Schülerinnen und Schüler kontrollieren und berichtigen immer mit einem grünen Stift. Richtiges wird abgehakt, Fehler werden sofort korrigiert. So ist zu sehen, was noch geübt werden muss. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit zur Selbstkontrolle mithilfe der zu allen Arbeitsblättern vorhandenen Lösungen. Diese können im DIN A3-Format kopiert und im Klassenraum an verschieden Stellen ausgehängt werden. Wesentlich effektiver bei der Selbstkontrolle sind jedoch verschiedene Formen der Partner- oder Gruppenarbeit bzw. kooperative Lernformen.

Mit kooperativen Lernformen die Lerngemeinschaft zusammenführen

Viele Lehrerinnen und Lehrer befürchten, dass sich die Leistungsstände durch differenziertes Üben immer weiter auseinander entwickeln. Da die Angebote im Sunshine-Differenzierungsmaterial jedoch auf allen Niveaustufen die gleichen Aufgabenformate enthalten und sich dadurch auf den ersten Blick kaum voneinander unterscheiden, wird die Lerngemeinschaft gefestigt. In der abschließenden Kontroll- und Übungsphase sollten nach Möglichkeit Kinder, die verschiedene Niveaustufen bearbeitet haben, zusammenkommen und miteinander arbeiten. So haben z. B. alle den gleichen Hörtext gehört (siehe Kopiervorlage 1) und ihre Aufgaben auf den Arbeitsblättern in vier verschiedenen Niveaustufen (siehe Kopiervorlagen 2–5) erfüllt. Mithilfe der vorgegebenen Redemittel in Aufgabe 2 können sich die Schülerinnen und Schüler gemeinsam dazu austauschen.

Die kooperativen Lernformen "Milling around", "Double circle", "Bus stop" oder "Chatroom" ermöglichen es, dass die Kinder z. B. ihre Ergebnisse besprechen. Bei "Milling around" bewegen sich die Schüler frei im Raum und kommunizieren mit jedem Mitschüler, dem sie auf ihrer Wanderung begegnen. Im "Double circle" stehen die Kinder sich paarweise in einem Innen- und einem Außenkreis gegenüber und sprechen miteinander. Auf ein Signal der Lehrkraft bewegt sich der Außenkreis zum übernächsten Kind weiter. Nun arbeiten die neuen Paare zusammen. Es wird fortgesetzt, bis sich die ersten Paare wieder gegenüberstehen bzw. eine festgesetzte Zeit abgelaufen ist. Bei "Bus stop" oder "Chatroom" gehen die Schülerinnen und Schüler zu einem der im Klassenraum ausgehängten Schilder. Dort befinden sich die Lösungsblätter. Die Kinder warten auf maximal drei weitere Mitschüler, tauschen sich aus und gleichen ihre Ergebnisse mit den Lösungen ab. Zum Schluss setzen sich alle an ihre Plätze und nehmen nötige Berichtigungen vor.

Somit ist die Kontrolle auch eine wichtige Übungsform, bei der alle Kinder sprechen. Solange geübt wird, sollte nicht zensiert werden. Für das Feedback eignen sich z. B. besonders die niedlichen Motivationssticker mit Mr Mole.

Weitere differenzierte Aufgabenformate

Beim Aufgabenformat "Flow charts" üben die Kinder Dialoge ein und spielen diese vor. Die Gesprächsverläufe sind dabei leicht verständlich visualisiert und bieten eine Struktur zur Orientierung beim Erstellen und Präsentieren von Dialogen.

Sprechkarten "Let’s talk" dienen der Förderung und Entwicklung des zusammenhängenden Sprechens. Die Schülerinnen und Schüler bereiten gemeinsam kurze Vorträge vor und sprechen zu bestimmten Themen. Als Hilfe können sie dazu einen Redemittelfächer verwenden. Besondere Freude macht es den Kindern, wenn sie dabei in andere Rollen schlüpfen können. Dazu eignen sich alle möglichen Stab-, Hand- oder Fingerpüppchen.

Noch einige Tipps

Alle Kopiervorlagen des Sunshine-Differenzierungsmaterials sind als Word-Dateien auf der beiliegenden CD-ROM vorhanden und veränderbar. So können weitere Entlastungen für besonders schwache Lerner oder Kinder mit Teilleistungsschwächen vorgenommen bzw. die Aufgaben für besonders begabte Kinder offener und schwieriger gestaltet werden. Bei der Bearbeitung der Hörverstehensaufgaben empfehle ich, dass Sie schwachen Lernern mehrmaliges Hören (z. B. über Kopfhörer mit einem Splitter-Adapter am CD-Player) ermöglichen.

Neben der Möglichkeit, dass alle an der gleichen Kopiervorlage arbeiten, können auch einzelne Schülerinnen und Schüler z. B. eine Leseaufgabe, eine andere Höraufgabe (mit Kopfhörern), eine Sprech- oder eine Schreibaufgabe bearbeiten. 

Wenn Sie mit dieser Art der Differenzierung auf vier Niveaustufen Lernerfolge erzielt haben, dann fällt es Ihnen sicher auch nicht schwer, selbst niveaudifferenziertes Material zu erstellen. Ich empfehle Ihnen, eine Basisaufgabe zu erarbeiten, und diese im Niveau zu entlasten und zu erhöhen. Die Veränderungen sollten nach Möglichkeit mit wenigen Mausklicks erfolgen. So kann Wortschatz intensiv geübt oder auch an der Lesekompetenz gearbeitet werden. Beginnen Sie mit kleinen Schritten. Den größten Nutzen haben Schüler und Lehrer, wenn diese Form der Differenzierung – nach Absprachen im Kollegium – in allen Fächern eingesetzt wird.

 

Christel Simon ist Grundschullehrerin (Fächer Englisch und Deutsch) und Beraterin für Englisch in der Primarstufe. Sie arbeitet außerdem als Autorin und Dozentin für Englischlehrkräfte im Auftrag des Cornelsen Verlags.

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Fortbildungstipp

Vielfalt nutzen – Differenzieren im Unterricht (SchiLf)
Sie erfahren, wie Sie durch Verfeinerung, Abstufung und Aufteilung der Lerninhalte auch bei unterschiedlichen Begabungen und sozialen Einbettungen sowie spezifischen Lernbedürfnissen differenzieren können.

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