Interview mit Sandra Hestermann und Michael Engel

Die Potenziale von KI in der Bildung

Zum bundesweiten Launch von cornelsen.ai haben wir mit Dr. Sandra Hestermann (Business Lead cornelsen.ai) und Dr. Michael Engel (Head of Artificial Intelligence) über Chancen, Risiken und Visionen gesprochen.

Bild: Michael Engel
Bild: Sandra Hestermann
Bild 1: Michael Engel | Bild 2: Sandra Hestermann

Welche Herausforderungen gibt es aktuell an den Schulen und wie kann KI an der Stelle helfen?

Sandra Hestermann: Das extreme Arbeitspensum durch den Lehrkräftemangel, fehlende Unterstützung für Quer- und Seiteneinsteigende oder auch die vermehrte Heterogenität im Klassenzimmer sind nur einige Punkte, mit denen Lehrkräfte in Deutschland seit längerem kämpfen. Es wird einfach von immer weniger Personal immer mehr gefordert. Und genau da glauben wir, dass KI eine wichtige Rolle spielen kann. Wir können bei den Lehrkräften ganz gezielt für Entlastung sorgen und so mehr Zeit für die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler schaffen. Mit KI ist also in der Bildung endlich das möglich, was wir alle uns eigentlich seit Jahrzehnten wünschen.

Michael Engel: Spätestens seit dem Start von ChatGPT Ende 2022 war für uns klar, dass das Thema Künstliche Intelligenz auch den Bildungsbereich stark prägen und verändern wird. Mit cornelsen.ai machen wir generative KI kompatibel mit Bildung, da wir die Schwächen und Risiken der Technologie – wie zum Beispiel Halluzinationen – durch andere, regelbasierte KI-Systeme und die Hinterlegung offizieller Lehrplandaten und qualitätsgesicherter Verlagsinhalte ausgleichen. Dadurch können wir sehr alltagstaugliche und sichere Tools kreieren, die Lehrkräfte bei ihrer Arbeit sofort sinnvoll unterstützen.

Welche Unterstützung bietet die KI-Toolbox cornelsen.ai Lehrkräften ganz konkret?

Sandra Hestermann: Wir bieten aktuell vier verschiedene Tools an, die die ganze Bandbreite des Lehrkräftealltags abdecken. Cornelsen-GPT ist der digitale Organisationsassistent für Lehrkräfte unterstützt beispielsweise bei administrativen Aufgaben wie Zeugnisse und Beurteilungen verfassen oder bei der zeitaufwendigen Elternkommunikation. Der KI-Unterrichtsplaner liefert Vorschläge für Unterrichtssequenzen und passt diese flexibel an Bundesland, Schulform, Klassenstufe, Fach, Thema und die geforderten Kompetenzziele sowie einen vorgegebenen Zeitraum an. Der KI-Material-Designer erstellt passendes und differenziertes Lehr- und Lernmaterial für verschiedene Unterrichtsphasen – beispielsweise Diskussionsanlässe mit Lebensweltbezug, Lesetexte oder Aufgaben. Und unser KI-Korrektur-Assistent unterstützt in Zusammenarbeit mit DUDEN bei der Korrektur von Texten und Hausaufgaben der Schülerinnen und Schüler. Dank Handschrifterkennung können Texte einfach als Fotos oder Scan hochgeladen und dann anonymisiert und ausgewertet werden.                                                      

Wie sieht es mit der digitalen Sicherheit und dem Datenschutz bei cornelsen.ai aus?

Michael Engel: Das ist bei unseren digitalen Bildungslösungen ein sehr wichtiges Thema, das wir bei allen Entwicklungsschritten immer mitdenken. Wir haben uns dem Prinzip der Datensparsamkeit verpflichtet und die Erhebung sowie Speicherung personenbezogener Daten erfolgt in Übereinstimmung mit den aktuellen Datenschutzbestimmungen. Wir arbeiten dabei eng mit Schulbehörden zusammen, betreiben die KI-Toolbox auf Servern in der EU und bieten grundsätzlich einen anonymisierten Zugang zu KI-Sprachmodellen.

Was sind die zentralen Erkenntnisse aus der Open Beta-Phase? Wo geht die Reise hin mit cornelsen.ai?

Sandra Hestermann: Unser wichtigster Eindruck: Lehrkräfte sind offen für KI-Tools und sehen viele Chancen. Allerdings sind sie aufgrund der vielfältigen Anforderungen ihres Unterrichtsalltags auch chronisch überlastet. Wir haben also dafür gesorgt, dass unsere Angebote einfach zugänglich sind und wirklich Zeit sparen, damit das Interesse der Lehrkräfte nicht erlischt und greifen auf die im Cornelsen Verlag erschienene pädagogische Fachliteratur zurück, damit sich jeder auf den Output verlassen kann. Ergänzend dazu gibt es ein großes Angebot von Schulungen, die konkrete Anregungen für den Einsatz in der Unterrichtspraxis liefern. Großes Potenzial zur Entlastung der Lehrkräfte sehen wir in der künftigen Lehrwerks-Passung der KI-Tools Unterrichtsplanung und Materialerstellung, die unsere gedruckten und digitalen Angebote perfekt ergänzen. Auch die Integration der Lehrpläne wurde oft gefordert. Deswegen werden bis Ende des Jahres werden neben den bayerischen Lehrplänen auch die Lehrpläne von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hessen integriert sein – alle weiteren Bundesländer folgen 2025. Und ein anderer konkreter Wunsch – Zugang zu cornelsen.ai für Schülerinnen und Schüler – ist ebenfalls bereits in der Umsetzung.

KI in der Bildung – Ist das nur ein kurzlebiger Hype?

Michael Engel: Nein, das glauben wir nicht. Wir nehmen das Thema sehr ernst. Schon seit längerem gibt es bei Cornelsen ein Data Science-Team, das das Thema KI natürlich frühzeitig auf dem Schirm hatte. Inzwischen haben wir eine eigene KI-Abteilung bei Cornelsen geschaffen, die im Zusammenspiel mit den bewährten redaktionellen Strukturen diese neue Technik und ihre Potenziale mit unserer didaktischen Qualität verknüpft. Das Ergebnis: Innerhalb von acht Monaten haben wir intern vier KI-Tools entwickelt.


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