Mit Rat und Tat
In den letzten Jahren wurde das Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger besonders sichtbar, wenn Menschen aus Kriegsgebieten flohen. Wo die Infrastruktur der Behörden überfordert war, wurden Menschen in Empfang genommen, Lebensmittel und Sanitärartikel verteilt, Unterstützung bei Behördengängen angeboten oder Deutschkurse organisiert. Und auch, wenn es Menschen gab, die das eher kritisch oder distanziert betrachtet haben, wurde die Zivilgesellschaft in allen Medien gefeiert.
Dabei ist manchmal untergegangen, dass auch der Alltag ohne ehrenamtliche Tätigkeiten nicht so vielfältig wäre, wie wir es gewohnt sind. Im Jahr 2021 gab es zwischen 15 und 16 Millionen Menschen in Deutschland, die regelmäßig freiwillig und unentgeltlich in einem Verein, einer Organisation oder einer Initiative arbeiteten. Dabei liegen Sportvereine und kirchliche Einrichtungen weit an der Spitze. Allein im Amateurfußball engagieren sich 1,7 Millionen Menschen als Übungsleiter, Betreuer oder in anderen Funktionen; die evangelische Kirche hat über eine Million ehrenamtliche Mitarbeiter.[1]
Weniger bekannt ist, dass auch die Arbeit bei den Feuerwehren und beim Technischen Hilfswerk (THW) zu einem großen Teil von Ehrenamtlichen geleistet wird. Berufsfeuerwehren gibt es nur in etwa 100 deutschen Städten und selbst dort werden sie von Freiwilligen Feuerwehren (FFW) unterstützt, die in allen anderen Städten und Gemeinden ohnehin allein für die Gefahrenabwehr zuständig sind. Aber auch die Arbeit der Obdachlosenhilfe, beim Tierschutz, in der Telefonseelsorge oder in betrieblichen Mitarbeitervertretungen ist ohne Ehrenamtliche nicht möglich.
Im Gegensatz zu ihrer großen Bedeutung für die Gesellschaft weicht die demographische Struktur in der Gruppe der Ehrenamtlichen allerdings von der Gesamtbevölkerung ab. Die Mehrheit ist über 50 Jahre, fast 20% sogar über 70 Jahre alt. Die Gründe für den fehlenden Nachwuchs sind vielfältig. Verschwindende Strukturen in kleineren Gemeinden beeinflussen diese Entwicklung ebenso wie die zunehmende Anonymität der Großstadt.
Daher gibt es seit Jahren vielfältige Initiativen, um das Ehrenamt zu stärken. Seit 2020 existiert die „Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt“ (DSEE), die von verschiedenen Ministerien des Bundes getragen wird. Aber auch in den einzelnen Bundesländern gibt es unterschiedliche Initiativen, Ehrenamtsbörsen oder Agenturen, die sich um Koordination und Vermittlung bemühen.
Ein Angebot, über Ehrenamt und Gemeinwohl zu sprechen, bietet „Fokus Deutsch - Erfolgreich in Alltag und Beruf C1“ (2. Auflage) auf den Seiten 222f. und 232f.
[1] Angaben nach: de.statista.com