Referendariat / 15.04.2024

Unterrichtsnachbesprechungen: Horror oder Chance?

Entscheidend: die richtige Vorbereitung, die passenden Fragestellungen und das angemessene Auftreten

Ein Termin, der entweder Anlass zu Furcht und Panik geben könnte oder als Chance begriffen werden kann. Als gute Gelegenheit dafür, das eigene Können und Wissen anzuwenden, zu reflektieren und zu verbessern und im Austausch mit Expertinnen und Experten Neues zu lernen. Es geht um die Unterrichtsnachbesprechung im Anschluss an einen Unterrichtsbesuch. Wie kann eine solche Besprechung gelingen?

Unterrichtsnachbesprechung
Bild: Shutterstock.com/Ground Picture

Referendarinnen und Referendare sollen lernen, guten Unterricht zu gestalten, indem sie selbstständig didaktische und methodische Entscheidungen treffen und umsetzen. Klar, dass dies trotz eines erfolgreich abgeschlossenen Studiums nicht von Anfang an gelingen kann. Muss es auch nicht. Schließlich gehört das Referendariat zur Ausbildung und ein Merkmal von Ausbildung ist, dass die Auszubildenden etwas lernen und nicht bereits alles für ihren Beruf Notwendige perfekt beherrschen. Ganz entscheidende Bausteine dieses Lernens im Referendariat sind die Unterrichtsbesuche und die sich daran anschließenden Unterrichtsnachbesprechungen.

Wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur professionellen Lehrkraft

Unterrichtsnachbesprechungen sind keine Urteilsverkündigungen, schließlich soll es in der Unterrichtsnachbesprechung darum gehen, dass Referendarinnen und Referendare mit ihren Ausbilderinnen und Ausbildern über den abgehaltenen Unterricht in einen Dialog treten, Probleme erörtern, Abläufe analysieren und nach möglichen Handlungsalternativen suchen. Kurzum: Unterrichtsnachbesprechungen sind ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur professionellen Lehrkraft. Und genauso sollten auch Referendarinnen und Referendare dies sehen: als Chance und nicht als drohende Prüfungssituation. Und diese Chance gilt es zu nutzen. Wer mit dem Bewusstsein in die Unterrichtsnachbesprechung geht, dass es hier darum geht, das eigene Können zu verbessern, aus Fehlern zu lernen, wertvolle Ratschläge zu bekommen und die eigene Reflexion zu nutzen, um zukünftig besser unterrichten zu können, hat schon den entscheidenden Schritt für eine erfolgreiche Nachbesprechung getan. Wer allerdings Angst vor Kritik hat, sich selbst nur in ein gutes Licht stellen will oder gar wenig Zweifel an dem eigenen Können hegt, der wird kaum von der Nachbesprechung profitieren – und auch bei den Ausbildenden keinen guten Eindruck hinterlassen.

Doch vor der Nachbesprechung liegt die Unterrichtsstunde und die Vorbereitung dazu. Gut, wenn man zur Vorbereitung auf Bewährtes und Belegtes zurückgreifen kann, etwa auf die zehn Merkmale guten Unterrichts des Erziehungswissenschaftlers Hilbert Meyer, die wahrscheinlich alle Lehramtsstudierenden irgendwann einmal verinnerlicht haben. Dazu gehören unter anderem eine klare Strukturierung des Unterrichts, inhaltliche Klarheit, Methodenvielfalt und eine vorbereitete Lernumgebung. Allesamt Kriterien, die bei der Vorbereitung der Unterrichtsstunde wertvolle Dienste leisten.

Gut auch, wenn man sich bereits während dieser Vorbereitung des Unterrichtsbesuchs Gedanken zur anschließenden Reflexion macht und die einzelnen Stichpunkte dazu als Gliederung für sich notiert. Das müssen und sollten nicht unzählig viele Gliederungspunkte sein, vier oder fünf Fragen genügen. Die sollten allerdings auf gar keinen Fall als Spickzettel während des Gesprächs genutzt werden, sondern vielmehr als im Gedächtnis verankerte Richtschnur dienen. Wenn bereits vorher mögliche Fragen oder gar Probleme bewusst sind, kann das durchaus auch einen positiven Einfluss auf den Unterricht selbst haben und überdies hat eine schonungslose Reflexion gepaart mit möglichen Änderungsvorschlägen gewiss auch einen positiven Einfluss auf die Ausbildenden. Sicher ist es nicht leicht, kurz nach dem Ende des Unterrichts bereits selbstkritisch und konstruktiv auf dessen Verlauf zu blicken, aber mit den bereits vorbereiteten Fragestellungen sollte dies gelingen.

Strukturiert sein

Nachbesprechungen laufen nicht alle nach dem gleichen Schema ab, aber in der Regel haben die Referendarinnen und Referendare bei einer Unterrichtsnachbesprechung das erste Wort. Und das gilt es, effektiv zu nutzen. Sie sollen ihren eigenen Unterricht beurteilen, erklären, ob sie ihre Ziele erreicht haben und was sie möglicherweise daran gehindert hat. Eine Menge Fragen, die – unsystematisch vorgetragen – wenig hilfreich sein werden. Gut also, wenn sich auf die bereits erwähnte Struktur zurückgreifen lässt. Beispielsweise: Was war Ziel dieser Unterrichtsstunde? Was habe ich erreicht? War die angewandte Methode die richtige? Bin ich mit der Zeit ausgekommen? Was würde ich anders machen, wenn ich die Stunde noch einmal zu halten hätte?

Denn selbst wenn der Unterricht nicht perfekt war, kann eine gelungene Nachbesprechung zum einen für beeindruckte Ausbilderinnen und Ausbilder und zum anderen für den eigenen Lernzuwachs sorgen. Dann nämlich, wenn die eigenen Fehler oder Unzulänglichkeiten nachvollziehbar reflektiert und Alternativen aufgezeigt werden.

Die ZIMT-Methode

Gute Ratschläge, Tipps und Rezepte für das richtige Verhalten bei Nachbesprechungen gibt es viele. Gern wird die sogenannte ZIMT-Methode genannt. Sie muss nicht detailgetreu umgesetzt werden, sie kann modifiziert oder ergänzt werden, aber in ihrer eindeutigen Struktur ist sie eine wertvolle Hilfe - auf jeden Fall für die erste Unterrichtsnachbesprechung. Das Akronym ZIMT steht für: Ziel, Inhalt, Methode, Time.

Ziel: Welche Ziele hatte der Unterricht? Wurden sie erreicht? Wenn nicht, woran lag dies?

Inhalt: Welche Inhalte sollten behandelt werden? Waren sie für die Lerngruppe angemessen? Mussten sie möglicherweise reduziert werden und wenn, warum?

Methode: Welche Methoden wurden genutzt? Passten die Methoden zur Lerngruppe und zu den vorgesehenen Inhalten?

Time: Wie verlief der zeitliche Ablauf? Entsprach er dem eigenen Plan oder gab es Abweichungen?

Zum Schluss sollte noch ein Fazit – oder besser gesagt, Lehren für die Zukunft – gezogen werden: Was lässt sich verbessern? Und wie?

Noch ein paar Kleinigkeiten

Und damit das Ganze professionell und überzeugend daherkommt, gilt es noch – abseits von Didaktik, Methodik oder Inhalt – auf ein paar ganz profane Dinge zu achten. Referendarinnen und Referendare sollten sich vor der Unterrichtsnachbesprechung auf jeden Fall etwas Zeit nehmen, um sich zu sammeln und durch ruhiges Atmen „herunterzukommen“. Zu schnelles Reden während der Besprechung vermittelt den Eindruck von Unsicherheit und Nervosität. Kleine Sprechpausen sind ein bewährtes Mittel dagegen. Auch das richtige Fachvokabular sorgt für einen professionellen Auftritt - aber das sollte nach einem abgeschlossenen Studium kein Problem sein.

Und schließlich zählt noch die äußere Erscheinung. Sie sollte gepflegt, aber nicht übertrieben chic sein. Mit anderen Worten: Sie sollte dem Schulalltag und der besonderen Situation gleichermaßen angemessen sein.

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