Fünf Dinge, die Sie als Mentor/-in wissen sollten
Referendarinnen und Referendare richtig ausbilden
Die Ausbildung der Referendarinnen und Referendare ist eine ganz schön verantwortungsvolle Aufgabe. Was dabei wirklich wichtig ist und welche Fehler Sie unbedingt vermeiden sollten, lesen Sie hier: die fünf besten Tipps für (angehende) Mentoren.
Wirklich etwas mitgeben: vom Referendar zum Entscheider
Einen Referendar als Mentor zu begleiten, ist auch für Sie als gestandener Pädagoge ganz schön aufregend. Natürlich wollen Sie Ihre Sache so gut wie nur möglich machen und Ihrem Schützling alles Wichtige mit auf den Weg geben. Was aber ist das wirklich Wichtige?
Aus Ihrer eigenen Erfahrung wissen Sie: Lehrer zu sein, ist ein lebenslanger (Lern-)Prozess. Sie arbeiten mit immer neuen und anderen Kindern beziehungsweise Jugendlichen und entwickeln sich selbst und Ihre Ansätze ständig weiter. Was Sie als Mentor vor allem erreichen wollen, ist darum, dass aus Ihrem Schützling ein selbstständiger und kompetenter Entscheider wird. Die Kunst ist es also, den goldenen Mittelweg zwischen Instruktion und individuellen Freiräumen zu finden. Wie Sie das schaffen? Basierend auf dem Ratgeber "99 Tipps: Referendare begleiten und ausbilden" von Cajus Wypior (Cornelsen, ISBN 978-3-589-16056-3) haben wir Ihnen hier fünf wertvolle Anregungen zusammengestellt.
1. Der Unterricht ist gar nicht das Wesentliche
Das mag zunächst verwunderlich klingen – schließlich soll der Referendar oder die Referendarin doch später als Lehrer/-in in der Lage sein, guten Unterricht zu gestalten. Um das tatsächlich zu erreichen, brauchen die Referendar/-innen aber vor allem etwas anderes als didaktische Finessen und gut strukturierte Stunden: Sie brauchen die Fähigkeit und die Bereitschaft zu Reflexion, Entwicklung und Veränderung. Eine gute Lehrkraft nimmt sich selbst und ihr Handeln realistisch war – sie besitzt die nötige Problemlösungskompetenz, um zu reflektieren, Lösungen zu erarbeiten und fundierte Entscheidungen zu treffen. Genau darin sollten Sie Ihre Referendar/-innen unterstützen.
Das bedeutet übrigens nicht, dass Sie selbst ausschließlich perfekten Vorzeigeunterricht abliefern müssen. Solchem Druck sollten Sie sich gar nicht erst aussetzen. Denn wichtiger als "die ideale Stunde" ist Ihr Bemühen um guten Unterricht. Läuft etwas nicht optimal – ganz gleich, ob bei Ihnen oder Ihrem Schützling – ist das nichts anderes als eine Gelegenheit, um zu zeigen, wie Fehler zur Chance werden können. Versteifen Sie sich also nicht darauf, in allem perfekt sein zu müssen. Seien Sie lieber ein echtes Vorbild, indem Sie konstruktiv reflektieren und mit Fehlern gelassen umgehen.
2. Sie brauchen keinen Papagei
Referendare kompetenzorientiert auszubilden, bedeutet, Ihnen neben Handlungskompetenz auch Reflexions- und Entscheidungskompetenzen zu vermitteln. Es geht also um mehr als nur um die Fähigkeit, auf die Situation X routiniert mit Handlung Y zu reagieren: Es geht um die Fähigkeit zu Transfer und Anwendung. Achten Sie deshalb darauf, den Referendar/-innen nicht zu "Papageien" zu machen, die alles von Ihnen Vorgemachte genauso nachmachen und nachsprechen, wie sie es bei Ihnen gesehen haben. Ermuntern Sie sie stattdessen, zu hinterfragen, zu verstehen und auch eigene Ideen zu entwickeln. Denn nur durch Nachahmung und "Schema F" werden sie als Lehrkräfte kaum bestehen können.
3. Erfolg führt zum Erfolg
Natürlich ist es eine wichtige Voraussetzung im Lehrerjob, Defizite zu erkennen. Suchen Sie bei der Ausbildung aber nicht vorrangig die Fehler – betrachten Sie ebenso Können, Talente und Potenziale "Ihres" Referendars. Erfolgserlebnisse motivieren und bestärken und führen auf diese Weise letztlich wiederum zum Erfolg. Nutzen Sie also die individuellen Stärken und legen Sie den Schwerpunkt auf das, was Ihrem Schützling gut gelingt. Erstellen Sie ruhig eine Liste, die Sie im Laufe der Zeit noch ergänzen. Wenn Sie derart positiv lösungs- und ressourcenorientiert mit den Referendarinnen und Referendaren umgehen, klappt auch die Auseinandersetzung mit den Defiziten deutlich besser. Und schließlich gilt: Das Gespür für die eigenen Möglichkeiten ist die Basis, um auch im kräftezehrenden Lehrerberuf langfristig gesund zu bleiben.
4. Gute Beratung ist lösungsorientiert
Eine lösungsorientierte Beratung erfolgt sinnvollerweise in fünf Phasen.
- Der Referendar schildert Ihnen das Problem. Sie hören zu, vermeiden aber Analysen oder Ratschläge.
- Sie liefern Denkanstöße, die zu neuen Perspektiven führen (etwa: "Werfen Sie einen Blick in die Zukunft. Woran würden Sie merken, dass das Problem gelöst ist? Was hätten Sie getan, was Sie bisher noch nicht getan haben?").
- Der Referendar formuliert selbst Lösungsideen und für ihn realistische Schritte.
- Sie begleiten und unterstützen ihn bei diesen Schritten. Vermeiden Sie es aber unbedingt, ihn zu bevormunden.
- Sie reflektieren gemeinsam, was sich verbessert hat, und bestärken den Referendar gegebenenfalls in sinnvollem Vorgehen.
Wichtig ist also, dass Sie keinen fertigen Ratschlag beziehungsweise Lösungsvorschlag präsentieren, sondern den Referendar selbst seinen Lösungsweg erarbeiten lassen. Sprechen Sie auch über diesen Prozess – denn das Ziel der Beratung ist letztlich nicht die Problemlösung für einen einzigen, konkreten Fall, sondern die Entwicklung einer generellen Problemlösekompetenz.
5. Sie können klassische Stolpersteine umschiffen
Viele klassische Beratungsfehler können Sie von vornherein vermeiden. Achten Sie bei der Nachbesprechung der Stunden darauf, …
- … beim Thema zu bleiben, keine Grundsatzdebatten zu eröffnen und sich tatsächlich auf die vorangegangene Stunde zu konzentrieren.
- … nicht zu detailliert zu sezieren.
- … klar verständlich und transparent zu machen, was "guter Unterricht" bedeutet.
- … das Gespräch nicht an sich zu reißen, sondern den Referendar selbst reflektieren und Alternativen entwickeln zu lassen.
- … realistisch zu bleiben und keine Idealvorstellungen anzustreben, die in der Praxis gar nicht umsetzbar sind.
- … deutlich zu machen, in welchem Verhältnis Gelungenes und Verbesserungswürdiges stehen.
- … offen und stringent zu kommunizieren. Wenn Sie nur loben, der Stunde aber eigentlich nur ein "Befriedigend" geben würden, ist das schwer nachvollziehbar.
- … unmissverständlich klar zu machen, welche Veränderungen zwingend notwendig und welche lediglich wünschenswert sind.
Auch wenn Ich-Botschaften sonst oft als das Nonplusultra gelten: In diesem Fall sollten Sie sie tunlichst vermeiden. Sie signalisieren dem Referendar, dass es Ihre persönliche Meinung ist, die über die Bewertung entscheidet – und ab sofort wird er sich vorrangig darauf konzentrieren, Ihnen zu gefallen. Berufen Sie sich also stattdessen auf objektive Bewertungskriterien und machen Sie diese auch transparent. "Das Tafelbild fand ich nicht sinnvoll." klingt nach einer Geschmacksfrage. "Das Tafelbild war für die Schüler nicht hilfreich, weil ..." ist dagegen fachlich fundiert und objektiv erklärbar. Diskutieren Sie ruhig miteinander – der kritische Austausch bringt Sie beide voran.
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