Referendariat / 05.09.2019

"Haben Sie die Klausur schon korrigiert?"

Teil 7: Klausurplanung und -korrektur

Montag, 1.-3. Stunde: die Geschichtsklausur wird geschrieben. Als letzter legt Robby seine 8 Seiten auf den Papierstoß, der aus weiteren 19 Klausuren besteht. Donnerstag, 6. Stunde: Ich betrete den Kursraum meines Grundkurses. Moin – moin. Erste Frage von Lara: "Frau Stark, haben Sie die Klausur schon korrigiert?" Du meinst die ca. 60-70 Seiten über die Colbertsche Wirtschaftspolitik auf meinem Schreibtisch? Nein, die habe ich in zwei Tagen nicht korrigiert. Noch nicht mal angefasst. Denn das ganze Ausmaß der Korrekturthematik und Belastung in Prüfungszeiten wird bei Korrekturfächern wie z.B. Deutsch, Englisch, Geschichte, Politik etc. mehr als deutlich. Ohne den Sport- oder Mathekollegen zu nahe treten zu wollen, aber ja, Naturwissenschafts- und Sportklausuren lassen sich meistens schneller korrigieren. (Und ja, ihr habt euch bei der Studienwahl weise entschieden.)

Illustration Lehrerin am Schreibtisch
Bild: Cornelsen / Claudia Medrow

Allgemeine Planung

Korrekturfach hin oder her. Im Ref hat man noch den "Luxus" (haha...) normalerweise nur einen Grundkurs zu unterrichten – und bevor man sich da überhaupt über die Korrektur den Kopf zerbricht, sollte man schon allein in die Planung etwas Zeit reininvestieren. Vorteil: hilft im Nachhinein sehr bei der Korrektur!

Nachdem ihr also gesichtet habt, was ihr denn so mit eurem Kurs oder Klasse die letzten Monate getrieben habt, muss erst mal adäquates und passendes Material her. Die ganz schlauen Füchse unter euch planen das Semester ausgelegt auf die Klausur – das heißt: ihr wisst in etwa, was ihr am Ende eurer Reihe oder des Halbjahres erreicht haben wollt und legt euch dazu passendes Klausurmaterial bereit. Dann wisst ihr, welche Themen abgedeckt und welche Methoden geübt werden müssen, wie viel Zeit ihr überhaupt für eure Vorhaben habt und – das Beste – ihr habt euer Material schon und verfeuert es nicht vorher schon im Unterricht, sodass ihr am Ende gar nicht lange suchen müsst.

Absprache mit der Fachbereichsleitung

Jetzt aber zurück in die Realität. Wenn ihr mal kein schlauer Fuchs seid, schaut euch am besten wenigstens schon ein paar Wochen vorher an, was infrage kommt und klärt es rechtzeitig mit eurer Fachbereichsleitung ab. Das heißt nicht, dass sie für euch die Klausur konzipieren sollen, bringt also schon mal eure Ideen und Fragen mit bzw. legt einen Klausurentwurf vor. Die Fachbereichsleiter haben meistens die nötige Erfahrung und können euch gute und sinnvolle Tipps geben, sei es zu Material, Aufgabenstellung oder Leitfrage.

Planung der Bearbeitungszeit

Hierbei handelt es sich nur um einen Richtwert, der mir aber bisher gut geholfen hat, das Material auf eine angemessene Zeit zu kürzen. Je nach Fach haben die Schüler mehr oder weniger Zeit – die berühmte Regel seit Unitagen lautet jedoch in den meisten Fächern, dass die eigene Bearbeitungszeit mal drei gerechnet werden soll. Und das kommt in den meisten Fällen hin. Wenn ihr also selber allein eine halbe Stunde dafür braucht, um einen Text nur zu lesen, könnt ihr davon ausgehen, dass Schüler mindestens eine Stunde oder länger brauchen. Natürlich kann das je nach Lerngruppe auch sehr variieren. Wenn ihr lauter Schnellleser im Kurs habt, nehmt gerne mehr Text, wenn die Schüler etwas länger brauchen, kürzt das Material – so oder so, passt es entsprechend an, aber so, dass es auch funktional bleibt.

Erwartungshorizont

Meiner Meinung nach mit am wichtigsten schon bei der Planung der Klausur ist die Erstellung eines sogenannten Erwartungshorizonts. Unter anderem, weil ihr wisst, was ihr bis zur Klausur thematisch alles abgedeckt haben solltet. Der Erwartungshorizont ist eine enorme Hilfe hinterher, bei der Klausurkorrektur an sich. Vor allem in Schreibfächern ist es gar nicht so einfach, objektiv zu bleiben. Es gibt einfach Schüler, die super schreiben können und andere, die eher den Denker als den Dichter Part verinnerlicht haben – was eben gar nicht schlimm ist! Aber Sprache und Inhalt werden jeweils einzeln bewertet. Der Erwartungshorizont hilft euch also, gewisse Standards zu setzen, was ihr mindestens erwartet und welche Punkte oder Argumente sogar schon Zusatzaspekte sind, die die Schüler miteinbringen – und erleichtert die Benotung am Ende ungemein.

Korrekturzeit

Bei meiner allerersten Klausur habe ich meinem Grundkurs gesagt, ich bräuchte ca. 2-3 Wochen. Wie gesagt, je nach Fach eine total realistische Ansage, für ein gesellschaftswissenschaftliches Fach – wie ich dann gemerkt habe – doch recht ambitioniert. Im Ref hat man nach der Klausur nämlich nicht auf magische Weise mehr Zeit. Die Erde dreht sich weiter und damit einher geht auch die alltägliche Unterrichtsplanung, die fordernde Vorbereitung der Unterrichtsbesuche und Seminarsitzungen. Außerdem müssen drei Arbeiten auch erst mal von der Fachbereichsleitung gesichtet werden, die auch genug um die Ohren hat und gegebenenfalls nochmal überarbeitet werden. Ihr solltet genug Zeit einplanen und bei der Einschätzung der Korrekturzeit keine voreiligen Angaben machen. Die Schüler nehmen das nicht mal übel, aber man setzt sich selber zusätzlich unter Druck. Und davon hat man als Refi ja eh schon genug. 

Die Cornelsen Referendariatskolumne

Marie Stark ist Mitte 20 und unterrichtet als Referendarin an einem Berliner Gymnasium die Fächer Englisch und Geschichte. Im Cornelsen Magazin berichtet sie regelmäßig über die bisher spannendste Phase ihres Lebens – das Referendariat. 
Alle in der Kolumne verwendeten Namen sind Pseudonyme zum Schutz der Personen. Ansonsten ist aber alles echt – Realität Schule.

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