Referendariat / 09.05.2019

Keine Angst vorm ersten Unterrichtsbesuch

Von der richtigen Vorbereitung bis zur gelungenen Nachbesprechung

"Besuch" ist eigentlich ein sehr sympathisches Wort. Man denkt an Freunde, Verwandte, Kaffee, Kuchen, Spaß. Der Unterrichtsbesuch hingegen ist mit anderen Assoziationen verknüpft: Stress, Angst, Prüfungssituation. Klar ist: Ein Unterrichtsbesuch etwas anderes als ein Besuch von Freunden. Aber muss er deswegen gleich so negativ besetzt sein? Was kann man dem Unterrichtsbesuch Positives abgewinnen? Eine ganze Menge!

Referendar steht vor grüner Tafel
Bild: Shutterstock.com/stockfour

Unterrichtsbesuche sind keine Prüfungen, auch wenn es um Bewertungen und Beurteilungen geht. Vom ersten Unterrichtsbesuch bis zur Examensprüfung ist schließlich noch ein langer Weg. Und zwar einer, auf dem gerade die Unterrichtsbesuche mehr als ein lästiges Muss sind. Sie sollen nämlich helfen, das eigene Können einzuschätzen, zu entwickeln und zu verbessern. Seminarausbilder, Ausbildungslehrer, möglicherweise auch der Schulleiter besuchen Ihren Unterricht. Dabei ist allen Teilnehmern klar, dass Sie sich noch in der Ausbildung befinden. Sie wollen sich allerdings ein Bild von Ihrer Fähigkeit, Unterricht zu planen, durchzuführen und zu reflektieren machen. Und: Sie wollen Ihnen dabei helfen, diese Fähigkeiten zu verbessern. Setzen Sie sich also nicht zu sehr unter Druck, sondern begreifen Sie den Besuch als Chance.

Die Vorbereitung des Unterrichtsbesuchs

Wie bei vielen anderen Situationen gilt auch hier: Vorbereitung ist die halbe Miete. Sie brauchen einen Plan. Und der beginnt mit dem Besuchstermin. Wenn Sie ihn abklären, denken Sie auch an mögliche Überschneidungen, zum Beispiel mit Klassenfahrten, Prüfungen oder Schulveranstaltungen.

Denken Sie auch daran, auch den Schulleiter und den anleitenden Lehrer früh genug einzuladen und kümmern Sie sich notfalls um eine Vertretung für die Folgestunde, weil dann die Nachbesprechung stattfindet. Auch einen entsprechenden Besprechungsraum sollten Sie rechtzeitig reservieren.

Schicken Sie Ihren Unterrichtsentwurf rechtzeitig ab. Denken Sie dabei auch an die genauen Raum- und Zeitangaben. Mehr zum Thema Unterrichtsentwurf erfahren Sie in unserem Beitrag Tipps und Tricks für den ersten Unterrichtsentwurf.

Besprechen Sie Ihre Unterrichtsidee mit dem anleitenden Lehrer, mit anderen Kolleginnen und Kollegen oder auch anderen Referendaren. Sie müssen weder zaubern noch eine Stunde präsentieren, in die Sie möglichst alle didaktischen und methodischen Kniffe anwenden, die Sie während Ihres Studiums gelernt haben. Besser sind eine klare Struktur, ein klares Ziel und der wohldosierte Einsatz von Methoden und Medien.

Bereiten sie die Unterrichtsmaterialien sorgfältig vor und prüfen Sie die Medien, die Sie einsetzen wollen. Unangenehme Überraschungen, etwa weil die Technik nicht funktioniert, können Sie am Besuchstag nun wirklich nicht gebrauchen. Verzichten Sie beim Unterrichtsbesuch auf Lernmethoden, die den Schülern neu sind. Oder setzen sie diese Methoden rechtzeitig in vorhergehenden Stunden ein.

Kleidung und Auftreten

Wählen Sie für diesen Tag Kleidung, in der Sie sich wohlfühlen. Natürlich nicht die Jogginghose, sondern eine gut passende Hose (oder ein Kleid), gern auch schicke Schuhe und ein seriöses Oberteil (noch mehr Tipps gibt’s hier). Und was tun gegen Stress und Lampenfieber? Wenn Sie vor dem Unterrichtsbesuch allein in einem Raum sein können, dann hüpfen Sie einfach durchs Zimmer, werfen Ihre Arme in die Luft und atmen intensiv aus. Sie werden über die positive Auswirkung überrascht sein. Denken Sie auch während des Unterrichts, insbesondere während langer Erklärungen, ans Ausatmen. Denn wenn man aufgeregt ist, atmet man zwar häufig ein, vernachlässigt aber das Ausatmen. Und das kann unter anderem zu einer brüchigen Stimme führen, die sie unsicher wirken lässt.

Denken Sie an Ihre Körpersprache: Vermeiden Sie nervöse Gesten, wie etwa Haare hinters Ohr streichen, ans Kinn fassen, oder ähnliches. Versuchen Sie, Ihre Hände anders zu beschäftigen: Mit einem Stift zum Beispiel. Trainieren Sie auch Ihre Haltung: möglichst gerade, Schultern nach hinten und stehen Sie mit festen Beinen auf dem Boden. Lesen Sie hierzu auch "Fünf Tipps für Körpersprache und Rhetorik".

Auch wenn es nicht einfach ist: Konzentrieren Sie sich während des Besuchs auf die Kinder und vergessen Sie Ihre Besucher.

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Begrüßung der Besucher

Am Besuchstag selbst sollten Sie frühzeitig genug in der Schule sein, um den Weg zum Klassenraum auszuschildern, um Kaffee, Tee, Wasser und Kekse für die Nachbesprechung bereitzustellen. Lassen Sie sich von netten Kolleginnen und Kollegen helfen. Außerdem kann es nicht schaden, noch eins, zwei Kopien des Unterrichtsentwurfs bereitzulegen. Auch Fachleiter können schon mal Unterlagen vergessen oder es gesellt sich ein Besucher hinzu, den Sie zunächst nicht erwartet haben. Und vergessen Sie nicht, Ihre Besucher freundlich zu begrüßen – ein bisschen Smalltalk vor der Stunde sorgt für Entspannung bei allen Beteiligten.

Plan B und gutes Zeitmanagement

Verzweifeln Sie nicht, wenn etwas nicht so läuft, wie Sie es geplant haben. Denn das passiert schließlich in viele anderen "normalen" Unterrichtsstunden auch. Wichtig ist, souverän zu reagieren und dafür lohnt sich immer ein Plan B. Zum Beispiel, wenn die Stunde eigentlich schon "abgearbeitet" ist, aber noch Zeit bis zur Pausenklingel bleibt. Halten Sie noch weitere Fragestellungen, Informationen oder Zusatzaufgaben zum Thema bereit. Lassen Sie die Schüler Ergebnisse zusammenfassen und stellen Sie zusätzliche, möglichst konkrete Fragen nach dem Verständnis. Doch meist vergeht die Unterrichtszeit schneller als erwartet und geplant. Was nun? Sie können ja nicht einfach den Unterricht beenden, weil es zur Pause klingelt. Wichtig ist, dass Sie die Zeit immer im Blick behalten. Allerdings macht es keinen guten Eindruck, wenn Sie ständig auf Ihre Armbanduhr schauen. Wenn keine Uhr im Klassenraum hängt, können sie auch eine (kleine) Uhr aufs Pult stellen und zwar so, dass Sie immer mal wieder unauffällig einen Blick draufwerfen können. So merken Sie rechtzeitig, wenn die Zeit knapp wird. Dann verzichten Sie am besten auf einen Teil des Ablaufs. Auf diese mögliche Änderung sollten Sie vorbereitet sein. Wenn Sie geübt haben, auf unerwartete Situationen flexibel zu reagieren und über eine Auswahl an möglichen Alternativen verfügen, wird Sie ein solches Zeitproblem nicht aus der Bahn werfen. In der Nachbesprechung sollten Sie diese Änderung dann allerdings auch begründen können.

Die Nachbesprechung – offen für Kritik sein

Für die Nachbesprechung sind Sie gut gerüstet, wenn Sie einige ihrer bisherigen Unterrichtsstunden für sich selbst bereits reflektiert und analysiert haben. Zum Beispiel unter diesen Fragestellungen: Haben sich meine didaktischen und methodischen Planungen verwirklichen lassen? Gab es Probleme und wenn, welche waren es? Was würde ich im Nachhinein anders machen? Wie beurteile ich das Lernverhalten und die Schüleraktivitäten? War der Medieneinsatz sinnvoll? Gab es Probleme mit der Zeitplanung? Diese Fragen können Sie übrigens bereits für die Planung der Unterrichtsstunde nutzen. Denken Sie bei der Nachbesprechung selbst an eine professionelle Einstellung zur Kritik. Es geht nicht um Sie als Person, sondern um Ihr fachliches Können. Notieren Sie sich Kritik und Anregungen.

Schön, wenn Ihre Unterrichtsstunde gut beurteilt wird. Doch selbst wenn sie nicht perfekt war, denken Sie daran: Sie sind noch in der Ausbildung und dürfen Fehler machen und Sie lernen dazu – auch durch die Diskussion mit den Unterrichtsbesuchern. Außerdem können Sie selbst nach einem möglicherweise nicht so gelungenen Unterricht Ihr Können als Lehrer unter Beweis stellen, indem Sie eigene Fehler oder Unzulänglichkeiten nachvollziehbar reflektieren und die Schuld nicht bei anderen – etwa bei den Schülerinnen und Schülern – suchen. Sie werden sehen: Unterrichtsbesuch und Nachbesprechung sind schneller vorbei als gedacht und beim nächsten Mal sind Sie noch ein bisschen professioneller!

Fortbildungstipp 

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Das Referendariat

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