Lehrproben richtig vorbereiten und durchführen
Unterrichtsbesuche erfolgreich gestalten
Schon beim Gedanken an die (nächste) Unterrichtsprobe rutscht Ihnen das Herz in die Hose? Das muss gar nicht sein: Mit diesen Praxistipps sind Sie bestens gerüstet und können dem Ganzen gelassen entgegensehen.
Lehrproben: Kein Grund zur Panik!
Unterrichtsbesuche sind für viele Referendare eher ein Schreckensszenario als eine konstruktive Beratungssituation. Alles will gewissenhaft vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet werden; Sie stehen unter Stress, haben Lampenfieber, stehen unter großem Druck und zittern der Bewertung entgegen. Zum Glück müssen Sie sich nicht schicksalsergeben mit dieser "furchtbaren Prüfungssituation" anfreunden: Sie haben es selbst in der Hand und können jede Menge unternehmen, damit die Lehrprobe ein voller Erfolg wird.
Die wichtigsten Tipps haben wir Ihnen herausgesucht – in enger Anlehnung an die Ratgeber "99 Tipps: Erfolgreich durch das Referendariat" von Ilona Dohnicht-Fioravanti, Regina Pols und Claudia Schönherr-Heinrich sowie "Referendariat kompakt für die Sekundarstufe" von Frank Nix.
Die Unterrichtsprobe: Chance statt Strafe
Versuchen Sie zunächst einmal, ganz bewusst Ihre Perspektive zu ändern. Niemand möchte Sie bestrafen – Unterrichtsbesuche sind ein wichtiger Baustein Ihrer Ausbildung, von dem Sie enorm profitieren können. Nicht nur die Ausbilder bekommen einen Einblick in Ihren Unterricht: Sie erhalten ein wirklich fundiertes und qualifiziertes Feedback zu Ihrer Unterrichtsqualität und Ihrem Leistungsstand, das Ihnen wichtige Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigt. Fragen Sie also ruhig nach Ihrem Leistungsstand, falls die Ausbilder Ihnen nicht von sich aus die entsprechende Rückmeldung geben. Außerdem können Sie vielfältige Fähigkeiten und Kompetenzen unter Beweis stellen:
- Organisationstalent: Sie sorgen für einen reibungslosen Ablauf.
- Kooperationsfähigkeit: Sie holen sich die notwendigen Informationen und tauschen sich mit Kollegen über Ihre Stundenplanung aus.
- Flexibilität und Spontaneität: Sie reagieren angemessen auf Abweichungen von Ihrer Planung.
- Reflexions- und Kommunikationsfähigkeit: Sie sind in der Lage, der Beratungssituation entsprechend zu kommunizieren, Ihre Leistung zu reflektieren und Kritik anzunehmen.
- Entwicklungsfähigkeit: Sie zeigen, dass Sie sich von Besuch zu Besuch steigern.
- Belastbarkeit: Sie beweisen Ihre Belastbarkeit und Stressresistenz in einer Quasi-Prüfungssituation.
Den Unterrichtsbesuch planen und durchführen
Ihre (Fach-)Seminarleiter besuchen Ihren Unterricht, um sich einen konkreten Eindruck zu verschaffen und Ihre Fähigkeit, Unterricht zu planen, durchzuführen und zu reflektieren besser einschätzen zu können. Je sorgfältiger und frühzeitiger Sie mit den Vorbereitungen beginnen, desto entspannter werden Sie sein. Starten Sie also nicht auf den letzten Drücker, sondern geben Sie sich selbst genug Zeit. Klären Sie die notwendigen Rahmenbedingungen, sorgen Sie dafür, dass Medien und Materialien vorhanden sind und lassen Sie Ihren Stundenentwurf von mehreren qualifizierten Personen gegenlesen.
Idealerweise terminieren Sie die Besuchstermine für das gesamte Semester direkt zum Semesterauftakt. Lassen Sie genug Abstand zwischen den Lehrproben und planen Sie auch direkt einen Ausweichtermin ein. Auf Klassenfahrten oder Grippewellen können Sie so entspannt reagieren. Denken Sie daran, auch den Schulleiter und den anleitenden Lehrer früh genug einzuladen und kümmern Sie sich um eine Vertretung für die Folgestunde, damit Sie sich in Ruhe Ihr Feedback einholen können. Auch einen entsprechenden Raum sollten Sie rechtzeitig reservieren. Holen Sie sich Hilfe und Anregungen von außen, indem Sie Ihre Unterrichtsidee mit dem anleitenden Lehrer, erfahrenen Kollegen oder auch anderen Lehramtsanwärtern besprechen.
Medien und Materialien sollten Sie nicht nur bereit halten, sondern auch noch einmal überprüfen – wenn Sie erst während der Stunde merken, dass die Technik streikt, bringen Sie sich unnötig unter Stress. Ihren Stundenentwurf kopieren Sie bitte nicht kurz vor knapp, sondern mindestens einen Tag vorher, und lassen ihn auch noch einmal Korrektur lesen. Finden Sie sich am Tag des Unterrichtsbesuchs schließlich rechzeitig im Raum ein und bereiten Sie zum Beispiel den Tafelanschrieb schon einmal ganz in Ruhe vor.
Die Stunde planen und schriftlich fixieren
Der Unterrichtsentwurf ist mehr als reine Fleißarbeit: Beim Schreiben strukturieren Sie Ihre Überlegungen und machen sie für Außenstehende nachvollziehbar. Klären Sie mögliche (Form-)Vorgaben unbedingt vorher ab. Die unterschiedlichen Präferenzen der Ausbilder bereiten vielen Referendaren Kopfzerbrechen. Sprechen Sie Ihre Sorgen wenn nötig in den Seminaren an und versuchen Sie, auf einen gemeinsamen Nenner hinzuwirken. Idealerweise entwickeln Sie ein Schema, dass Sie personenunabhängig immer wieder nutzen können.
Für Ihre schriftliche Ausarbeitung gilt übrigens der alte Spruch "In der Kürze liegt die Würze". Schreiben Sie nicht alles haarklein auf, in der knappen Zeit können die Ausbilder das gar nicht lesen. Wiederholungen und Offensichtliches können Sie ebenfalls streichen. Konzentrieren Sie sich aufs Wesentliche – alles andere können Sie bei Bedarf noch mündlich ausführen. Achten Sie beim Entwurf auf korrekte und präzise Formulierungen und begründen Sie Ihre didaktischen Entscheidungen möglichst zielorientiert. An erster Stelle steht immer die Kompetenzförderung; Maßnahmen, die keinen Zweck erfüllen, können Sie ebenso streichen wie Ziele, für die Sie keine konkreten Maßnahmen einsetzen. Gängige formale Vorgaben beziehungsweise Tipps sind folgende:
- Stellen Sie die Verlaufsplanung übersichtlich auf einer Seite in einer Matrix dar.
- Impulse müssen Sie nicht ausformulieren, gegebenenfalls sollten Sie sie aber schriftlich auf Kärtchen festhalten.
- Auch das Deckblatt sollten Sie sorgfältig gestalten, idealerweise mit einer Abbildung, die das Stundenthema visualisiert. Das Thema, Datum, Stunde, Uhrzeit, Klasse, Schülerzahl und Raumnummer sollten Sie ebenso angeben wie Ihren Namen und die Namen von Ausbilder, Schule, Schulleiter und anleitendem Lehrer.
Planen Sie genug Zeit für den Unterrichtsentwurf ein, aber behalten die Realisierbarkeit im Auge: Übertreiben Sie es nicht und halten Sie es praktikabel. Ein "Highlight" pro Stunde reicht völlig aus, Sie müssen also nicht mit Material um sich werfen und ein regelrechtes didaktisches Feuerwerk abbrennen. Ihre Stunde soll sorgfältig geplant, aber trotzdem alltagstauglich wirken; Multimedia-Einsatz sollte nur erfolgen, wenn er wirklich einen Zweck erfüllt. Bleiben Sie immer praxisorientiert und denken Sie beispielsweise auch ans Laminieren oder an die nötigen Folienstifte, wenn Folien zum Einsatz kommen. Verlieren Sie nicht die Nerven: Änderungen am Abend vorher oder noch am gleichen Tag sind selten eine gute Idee.
Sinnvolle Stundenanalyse
Im Nachgang analysieren Sie die durchgeführte Stunde und reflektieren, wie erfolgreich Sie war: Haben sich Ihre Planung und die didaktischen Entscheidungen bewährt? Welche Alternativen hätte es gegeben, was würden Sie anders machen? Die folgenden Fragen können Ihnen bei der Analyse helfen:
- Welchen Gesamteindruck haben Sie?
- War Ihre Planung tragfähig (Lernniveaus, Zeitumfang etc.)?
- Gab es Abweichungen? Welche Gründe gab es dafür?
- Wie sinnvoll war der Medieneinsatz?
- Wie zielführend waren die Methoden?
- Wie ist Ihnen die Unterrichtssteuerung gelungen, zum Beispiel die Impulsgebung?
- Wie würden Sie das Lernverhalten bewerten?
- Wie groß war die Schüleraktivität?
Diese Fragen können Sie auch bei der Planung schon berücksichtigen und bereits überlegen, an welchen Stellen es zu Schwierigkeiten kommen könnte. Bei der abschließenden Besprechung ist ein professionelles Verhältnis zu Kritik wichtig: Machen Sie sich immer bewusst, dass nicht Sie als Person, sondern nur Ihre momentanen fachlichen Stärken und Schwächen im Unterrichten beurteilt werden. Notieren Sie sich Kritik und Anregungen und vergesen Sie nicht: Sie dürfen Fehler machen – und werden sicherlich aus Ihnen lernen.