Referendariat / 10.03.2020

Nach dem Referendariat – jetzt geht’s erst richtig los!

Auf in den Berufsalltag 

Nach den beiden Examensstunden inklusive Reflexion sind die fünf schönsten Worte die man vom Hauptprüfer hören kann: "Herzlichen Glückwunsch, Sie haben bestanden." Eine unglaubliche Last fällt von den Schultern, Glücksgefühle rauschen durch den ganzen Körper: Hurra, hurra – Bestanden! Das Glücksgefühl hält für einige Tage an, doch die Realität holt einen schnell ein und für die meisten stellt sich nun die dringlichere Frage: Wie geht es nach dem Referendariat weiter? 

Illustration Lehrerin vor einer Tafel
Bild: Cornelsen / Claudia Medrow

Wie stehen die Übernahmechancen?

In diesem Artikel gebe ich euch einen kleinen Überblick über meine Erfahrungen bezüglich Jobchancen sowie einige Tipps zur Suche – und einen kleinen Einblick, wie es bei mir weitergeht.

Während des Referendariats macht man sich meist noch nicht die großen Gedanken, wie es danach eigentlich realistisch und praktisch weitergeht – wann denn auch, man ist schließlich ständig mit Unterrichtsvorbereitung oder -nachbereitung beschäftigt und zwischendurch hat man ja immer mal wieder – weil’s so schön ist – eine nette Modulprüfung oder einen schönen Unterrichtsbesuch. Jedenfalls ging es mir so. Der Groschen fiel bei mir, als eines Tages die liebe PW-Kollegin Frau Wrede auf mich zukam und beim Plaudern zwischendurch fragte: "Wissen Sie denn, ob Sie bei uns übernommen werden können?" – "Öhm...". Ja, das war tatsächlich eine gute Frage, die ich weniger gut beantworten konnte. Wahrscheinlich gibt es da einige ambitionierte Mitreferendare, die da etwas weitergedacht haben und sich den Plan ihres Lebens schon bereitgelegt hatten, als sie das Studium beendet hatten – ach wo, eher begonnen.

Dies war etwas mehr als ein halbes Jahr vor meinem Examen als ich mir also konkret Gedanken machte, wie es denn weitergehen soll. Es gefiel mir an dem Gymnasium gut, also dackelte ich direkt am nächsten Tag nach dem Plausch mit Frau Wrede in Frau Hases Büro, und stellte ihr nach dem Aufzählen der Vorzüge der Schule mutig die Frage der Fragen: "Besteht die Möglichkeit, dass Sie mich nach dem Examen übernehmen können?" Gespannt erwartete ich eine klare Ab- oder Zusage. Etwas verschlafen wie immer, doch diplomatisch, erklärte mir Frau Hase, dass Sie mich sehr gerne behalten würde, dass es aber nicht in ihrer Hand liege, wie viele Stellen Sie bewilligt bekäme. Sie hätte auch gerne Herrn Schmitt und Frau Koch, die ein halbes Jahr vor mir mit Bestnoten bestanden haben, behalten – doch sie hatte keine Stellen: "Ich hoffe jedoch, dass sich das für das kommende Halbjahr ändert – und wir Sie behalten können. Erinnern Sie mich bitte in zwei Wochen nochmal, da könnte ich Ihnen eine klarere Antwort auf die Frage geben." – Kleiner Spoiler: Diese gab es nie. Fairerweise muss ich aber auch sagen, dass Frau Hase mir direkt empfohlen hat, mich sicherheitshalber nebenher an anderen Schulen zu bewerben.

Ursprünglich sollte mein Tipp an der Stelle lauten, euch möglichst früh und immer wieder bei den Schulleitern zu informieren, ob Übernahmechancen bestehen – vorausgesetzt natürlich, ihr wollt an eurer Ref-Schule bleiben. Doch die meisten Schulleitungen werden euch in etwa ähnliche Antworten geben wie Frau Hase es bei mir getan hat. Denn auch bei der besten Organisation und Planung der Schule, können die Schulleiter weder Schwangerschaften noch Krankheiten noch sonstige Ausfälle vorhersehen und einkalkulieren. Doch es schadet eben nicht, bei der Schulleitung Interesse zu bekunden und zu hoffen, dass bestenfalls eine der Kolleginnen die Familienplanung vorantreibt.

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Jobsuche

Wenn euch nun der Schulleiter keine Stelle für das neue Schuljahr auf dem Silbertablett serviert und die Aussichten an der Ref-Schule unklar bleiben, heißt es: Bewerben, bewerben und nochmals bewerben. Setzt euch an euren Laptop, schaut euch um, welche Schulen in eurer Gegend euch ansprechen und schickt so viele Bewerbungen ab, wie nur möglich. Und dasselbe Spiel gilt dann für die benachbarten Gegenden. Und für die gut angebundenen. Alles, was für euch auch nur ansatzweise in Frage kommt, anschreiben. Und als kleine Vorwarnung: Stellt euch auf relativ viele Absagen oder auch Schweigen seitens der Schulen ein und ärgert euch nicht darüber, denn das ist leider recht normal – jedenfalls haben befreundete Referendare und ich diese Erfahrung gemacht. Wenn ihr die Zeit und Lust habt, könnt ihr auch an eure Wunschschulen die Bewerbungsunterlagen persönlich vorbeibringen. Dadurch werden die Chancen nicht unbedingt höher, aber es verschlechtert sie nicht, wenn man Engagement und Interesse zeigt und vielleicht ein paar nette Worte mit der Sekretärin wechselt.

Ein kleiner Tipp dazu: Stellt euch am besten schon zu Beginn des Bewerbungsprozesses unbedingt die Frage, ob ihr euch vorstellen könnt, an einer Grundschule zu unterrichten – denn diese brauchen meistens dringend motivierte Kollegen und wer schneller an der Tür klopft, hat auch meist gute Chancen, an seine Wunschgrundschule zu kommen.

Lehrercasting

Wenn nun aber gar nichts mehr geht und ihr kurz vorm Examen immer noch keine Rückmeldungen bezüglich eines Jobs habt, dann gibt es immer noch das berühmtberüchtigte "Lehrercasting". Da ich zu der Zeit eben von einer Schule auch nur eine mündliche Zusage hatte, marschierte ich brav hin, um alle meine Möglichkeiten abzudecken und um auf Nummer sicher zu gehen. Denn der Vorteil an diesem Casting: Danach bekommt man einen Anruf mit Jobangebot. Sehr praktisch, oder? Und wenn nicht, dann kommt man sozusagen in die zweite Runde, wo man sich erneut den Schulleitern vorstellen darf, die an ihren Schulen noch nicht besetzte Stellen haben. Und wenn es da nicht klappt, geht man ein drittes Mal hin und so weiter... Und übrigens ja, es ist so bekloppt wie es sich anhört. Man wird separat aufgerufen und aus einem Warteraum in den Vorstellungsraum verfrachtet, wo anstatt Dieter Bohlen und B-Promi-Jury sämtliche Grundschulleiter (es sind tatsächlich in der Regel nur Grundschulen und Integrierte Sekundarschulen vertreten) vieler weniger zentralen Bezirke Berlins sitzen. Man sitzt wie auf dem Präsentierteller und erzählt, was man unterrichtet, wo man am liebsten hin möchte, welche Erfahrungen man hat – und gefühlt, warum die Banane krumm ist. Klar, es ist super, dass diese Castings mehr oder weniger eine Jobgarantie für angehende Lehrer sind – doch ich empfand diesen "Elevator Pitch" als wenig aufbauend und persönlich – eher wie Frischware auf dem Fleischmarkt.

So unangenehm dieses Casting auch sein mag, die Vermittlung funktioniert: Direkt einen Tag nach dem Casting erhielt ich den Anruf von einer sehr netten Schulleiterin, die mich gerne an ihrer Grundschule einstellen wollte. So verlockend dieses Angebot war, sollte mein Weg mich an eine andere Schule führen. Doch dazu gleich mehr.

Zukunftsaussichten

Je nach Fächerkombination kann es sich sehr leicht gestalten direkt an der Ausbildungsschule übernommen bzw. an einer anderen Schule eingestellt zu werden. Dass die Berliner Schulleiter nun auch verpflichtet sind, Quereinsteiger einzustellen, ist meiner Meinung nach politisch durchaus korrekt, macht es denjenigen, die von Anfang an auf Lehramt studiert haben, aber nicht einfacher bei der Jobsuche. Meiner Erfahrung nach haben Kandidaten ausgebildet in NaWi-Fächer, Mathematik, jedoch auch Kunst und Musik meist gute Chancen zurzeit. Das heißt nicht, dass es für andere Fächerkombinationen schwer sein muss, während ich mich umgeschaut habe, waren dies jedoch die meistgesuchten Fächer.

Auch wenn Lehrkräfte in Berlin und ganz Deutschland gebraucht werden, spürt man in der Praxis, dass es eben vor allem die Randbezirke oder kleineren Orte der Bundesländer sind, die besonders starken Bedarf haben. Durch den Austausch mit einigen ehemaligen Mitreferendaren weiß ich auch, dass es leider durchaus vorkommen kann, dass man am Anfang recht lange Fahrtzeiten in Randbezirke in Kauf nehmen muss, da sich eben je nach Fächern nur dort eine Stelle wirklich anbietet.

Natürlich planen einige auch von vornherein, den Lehrerberuf nach dem Referendariat in einem anderen Bundesland auszuüben – durch die Nähe, gute Anbindung und vor allem Verbeamtung erscheint für viele Berliner Referendare daher die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam verlockend. Aufgrund meines derzeitigen Wohnorts ging es mir jedenfalls so. Man kann sich vorstellen, dass ich mit diesem brillanten Plan nicht alleine dastand und dass die Umsetzung nicht ganz so am Schnürchen lief, wie ich mir das vorgestellt habe. Für alle, die diese Option in Erwägung ziehen, empfehle ich daher früh anzufragen und auf etwas Glück zu hoffen. In Berlin und Brandenburg hat mich zwar keiner danach gefragt, aber in anderen Bundesländern kann natürlich zusätzlich zu der Fächerkombi auch die Endnote eine Rolle spielen, sodass man sich diesbezüglich auch vorher gut informieren sollte, um am Ende keine böse Überraschung zu erleben.

Einblick

Wie bereits oben beschrieben, entschied ich mich gegen die Anstellung an einer Berliner Grundschule. Stattdessen wage ich die ersten Schritte als voll ausgebildete Lehrkraft an einer Brandenburger Gesamtschule in einem Örtchen nicht weit von Potsdam entfernt. Aufgeregt und freudig zugleich, freue ich mich, dort meine erste Klassenleitung einer 7. Klasse übernehmen zu können.

So lehrreich die Zeit des Referendariats auch war, bin ich auch froh, dass diese vorbei ist. Denn nun folgt die Zeit, wo nicht die Ausbildung und der Prüfungsdruck im Vordergrund stehen, sondern wo man sich und seinen Lehrstil noch mehr ausprobieren und dadurch weiterentwickeln kann. Natürlich wird es (besonders am Anfang) nicht leichter oder weniger arbeitsreich, als es im Referendariat war, aber man ist nun sozusagen sein eigener Herr und die Ausbildungszeit ist vorbei. Mit anderen Worten...

... jetzt geht’s erst richtig los!

Die Cornelsen Referendariatskolumne

Marie Stark ist Mitte 20 und unterrichtet als Referendarin an einem Berliner Gymnasium die Fächer Englisch und Geschichte. Im Cornelsen Magazin berichtet sie regelmäßig über die bisher spannendste Phase ihres Lebens – das Referendariat. 
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