BYOD – Idee mit Zukunft?
Mit dem Smartphone in der Schule lernen
Die IT-Ausstattung an Ihrer Schule ist nicht so super? Ihre Schülerinnen und Schüler hingegen sind bestens ausgestattet, beinahe alle besitzen ein Smartphone. Und Sie würden gern öfter mit digitalen Medien arbeiten? Warum also nicht die privaten Geräte nutzen?
BYOD – bring your own device – ein Modell, das zuerst in der Wirtschaft genutzt wurde, wird mittlerweile auch an Schulen eingesetzt. Kann das funktionieren? Vielleicht erinnern Sie sich: 1996 startete in Deutschland die Initiative Schulen ans Netz, fünf Jahre später erklärte sie, alle Schulen seien am Netz und stellte schließlich ihre Arbeit Ende 2012 ein, weil ihr Gründungsauftrag erfüllt sei. Tatsächlich aber steht es um die Ausstattung der Schulen trotz dieser Anstrengungen noch immer nicht zum Besten. 74 Prozent der Lehrkräfte gaben in einer aktuellen Umfrage an, dass die Geräte und Systemen nicht immer zuverlässig funktionieren.
Da bietet sich BYOD doch geradezu an. Allerdings: Ganz ohne zusätzlichen schulischen Support geht’s auch hier nicht. Bevor Sie also überlegen, wie Sie die Geräte im Unterricht einsetzen, sollten Sie einige wichtige Voraussetzungen prüfen.
- Gibt es ein Handyverbot an Ihrer Schule und welche Ausnahmen sind vorgesehen? Meist gilt das Verbot nicht, wenn das Handy für unterrichtliche Zwecke genutzt wird.
- Auch wenn nahezu alle Schülerinnen und Schüler in den weiterführenden Schulen mittlerweile ein Smartphone besitzen, sind es eben doch nicht alle. Deswegen sollte die Schule ein Kontingent an Smartphones oder Tablets bereithalten, damit für alle ein Gerät zur Verfügung steht.
- Sind Qualität und Bandbreite des Schulnetzes ausreichend? Schließlich sollen die Schüler über das schulische WLAN surfen und nicht über ihren externen Internetanbieter. Zum einen, weil man nicht verlangen kann, dass die Schüler mögliche Zusatzkosten übernehmen, zum anderen aber auch, weil ein entsprechend organisiertes Schulnetz eine sichere Lernumgebung bietet und im Notfall überprüft werden kann, ob sich die Schüler an vorgegebene Regeln halten
Die Regeln für den Einsatz der eigenen Geräte
Für klare Regeln sollten Sie unbedingt sorgen und dabei die Elternschaft miteinbeziehen. Die Regeln können restriktiv sein – also zum Beispiel: Generell ist das Smartphone im Flugmodus, ohne Rückfrage darf nur offline gearbeitet werden. Onlinerecherchen und andere Onlineaktivitäten werden dezidiert angesagt. Die Regeln können auch lockerer sein, das bestimmen Sie. Klar ist, dass private Aktivitäten etwa bei WhatsApp, Instagram, Snapchat und Co. verboten sind. Außerdem sollte auf jeden Fall die Einwilligung der Eltern für den App-Einsatz eingeholt werden. Antworten auf weitere Fragen des schulischen Datenschutzes gibt der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte in einem Praxisleitfaden für Lehrkräfte. Eine übersichtliche Lektüre, die sich lohnt.
Mit dem digitalen Unterricht starten
Wenn Sie diese "Hürden" gemeistert haben, kann’s losgehen. Auch wenn sich die Mär von der digitalen Abstinenz Lehrer beharrlich hält: Gerade in diesem Bereich sind Lehrer oftmals experimentierfreudig und durchaus bereit, sich intensiv mit den digitalen Medien auseinanderzusetzen. So erklärten 87 Prozent der Lehrkräfte in einer Umfrage, selbst den Impuls für den Einsatz digitaler Medien gegeben zu haben und 91 Prozent berichteten, die entsprechenden Kompetenzen durch mehrfaches Selbststudium erworben zu haben.
Doch selbst wenn Sie sich fit im Umgang mit Smartphone und Tablet fühlen: Es kann immer etwas schiefgehen. Eine Anwendung funktioniert nicht auf Anhieb, oder bei dem einen Schüler läuft die App, bei dem anderen nicht. Doch war das früher anders? Kam es nicht vor, dass Sie zuhause wichtige Unterlagen vergessen haben, oder dass die Kreide verbraucht und der Hausmeister nicht zu finden war? Jetzt aber haben Sie einen großen Vorteil: Sie haben Experten in Ihrer Klasse! Was gibt es Besseres, als ein Problem gemeinsam mit den Schülern zu lösen? Das Wichtigste ist: Einfach mutig sein, probieren und nicht beim ersten Mal die Flinte ins Korn werfen.
Und: Sie müssen nicht gleich eine gesamte Unterrichtseinheit mit dem Smartphone planen. Fangen Sie klein an und setzen die Geräte gezielt ein. Etwa für eine gemeinsame Recherche zum Unterrichtsthema, für Schülerinterviews, die mit den Geräten aufgezeichnet werden, für die Videodokumentation eines Chemieversuchs oder einer Übung im Sportunterricht. Kurzum: Nutzen Sie einfach die Vorteile des Smartphones und kombinieren Sie diese mit den traditionellen Medien. Die Inhalte stehen in den Lehrplänen. Es gilt bloß, zu überlegen, wie es in der Praxis aussieht, wenn man mit dem Smartphone das Internet, Fotoapparat, Filmkamera und Aufnahmegerät oder Apps in den Klassenraum holt?
Ein paar Beispiele für den Unterricht mit Smartphone, Tablet und Co.
Ein großer Vorteil des Mediums ist, dass die Schüler damit sowohl individuell als auch kooperativ arbeiten können. Im Fremdsprachenunterricht etwa können sie mit einer Hörverständnisübung allein und in ihrem Tempo lernen. Sie können die Übung zügig durcharbeiten oder stoppen, zurückspulen, wiederholen. Schüler können gemeinsam ein fiktives Bewerbungsgespräch – etwa in englischer Sprache – filmen und anschließend analysieren. Oder sie arbeiten mit einem Audio-Lückentest: Die Fragen werden aufgezeichnet und die Schüler sprechen dann ihre eigenen Antworten ein. Ein Lernszenario, das sich auf viele andere Fächer übertragen lässt.
Die Schüler können auch in Gruppen ihre eigene Stadt mit dem Smartphone erkunden, Bauwerke, Denkmäler oder andere Besonderheiten fotografieren und beispielsweise bestimmten Epochen zuordnen. Oder sie zeichnen Interviews mit Zeitzeugen oder Experten auf. Auch im Kunstunterricht lässt sich das Smartphone einsetzen, als Werkzeug etwa, um Foto- und Videoprojekte zu gestalten.
Noch mehr Inspiration hierzu erhalten Sie im Artikel "Wie Schüler mit Smartphone, Tablet & Co. besser lernen".
Apps für die verschiedenen Schulfächer
Und dann gibt es noch eine Vielzahl von Apps speziell für den Unterricht beziehungsweise solche, die auch im Unterricht genutzt werden können. Gerade für die naturwissenschaftlichen Fächer bieten sich viele spannende Möglichkeiten. Mit Hilfe der Sensoren am Smartphone können beispielsweise unterschiedlichste Messungen durchgeführt werden. Aber auch für die geisteswissenschaftlichen Fächer gibt es eine Reihe geeigneter Apps.
Fazit zu "BYOD"
Das Smartphone ist kein Wunderwerkzeug zur Lernoptimierung. Wie bei anderen Medien gilt es auch hier, immer zu hinterfragen, wann der Einsatz sinnvoll und nutzbringend ist. Die Erfahrung zeigt, dass bei vielen Schülern die Lernmotivation wächst, weil sie mit dem Medium vertraut sind, weil sie kreativ, gemeinsam und selbstverantwortlich damit arbeiten können. Und es stehen ihnen verschiedene Lernkanäle zur Verfügung: neben Texten, Grafiken und Fotos sind es Lernvideos, interaktive Übungen und kreative Werkzeuge, die zum Experimentieren anregen.
Eines sollten Sie jedoch nicht vergessen: Seien Sie Immer auf den Notfall vorbereitet. Wenn das Schulnetzwerk ausfällt, oder eine Anwendung trotz gemeinsamer Anstrengungen partout nicht funktioniert, dann brauchen Sie eine analoge Alternative. Aber die haben Sie wahrscheinlich ohnehin immer parat!
Fortbildungstipp
Digitalisierung - Chance zur Weiterentwicklung von Organisation, Unterricht und Lernen durch Kollaboration und Vernetzung (SchiLf)
Sie werden mit den Funktionsweisen des Lernens und Lehrens im Digitalen vertraut gemacht und erkennen deren Bedeutung für eine veränderte Zusammenarbeit im Kollegium.