Schulrecht / 28.02.2019

"Da können Sie doch keine Sechs geben!"

Schulrechtsfall März 2019

Manchmal unternehmen Schüler bei einer Klassenarbeit einen Täuschungsversuch und werden dabei erwischt. Muss man dann Teile der Arbeit trotzdem noch werten?

Bild: stock.adobe.com/Corgarashu

Fall:

Heute geht es eigentlich weniger um unseren Kollegen Peter Sielje als vielmehr um seinen Schulleiter, Karl Rotte, der ihm gegenüber gleich eine stramme Behauptung aufstellen wird. Aber zunächst zu unserem Kollegen: Er hat in seiner 9. Klasse eine zweistündige Klassenarbeit schreiben lassen. Genau nach dem Ende der ersten Stunde entdeckt er bei Jerȏme-Maurice einen Schummelzettel, den er einzieht. Sielje lässt den Schüler die Arbeit ohne sein unerlaubtes Hilfsmittel zu Ende schreiben, um dann ganz in Ruhe zu überlegen, wie er auf die Täuschung reagiert.

Zu Hause schaut er sich den Spickzettel genauer an und stellt fest, dass dieser eine ganze Menge für die Arbeit hergab. Nicht nur für den ersten Teil, sondern ebenso für das, was im zweiten Teil verlangt wurde. Auch dazu finden sich Hinweise auf dem kleinen Zettel. Allerdings ist es ausgesprochen schwierig, präzise festzustellen, welche Informationen in welchem Umfang für den zweiten Teil hilfreich waren. Deshalb entscheidet Sielje sich dafür, die gesamte Arbeit mit Sechs zu bewerten. Das gefällt dem Schüler bzw. seinen Eltern gar nicht. Sie beschweren sich beim Schulleiter über die vermeintlich ungerechte Note, weil sie meinen, der zweite Teil der Arbeit sei doch ohne unerlaubte Hilfe entstanden und müsse regulär bewertet werden. Dieses Argument überzeugt Rotte. Um dies nachzuvollziehen, muss man jedoch wissen: Karl Rotte, der Schulleiter unserer Schule, hatte vor Kurzem eine Dienstbesprechung bei seiner vorgesetzten Schulbehörde. Dort hat man ihm erklärt, der Sinn von Leistungskontrollen sei – wie überraschend – die Leistungsüberprüfung. Also müsse man sogar nach einer erfolgten Täuschung versuchen, den objektiven Kenntnisstand herauszufinden und diesen ganz regulär benoten. Von dieser pädagogisch starken, aber juristisch ziemlich schwachen Überlegung getrieben, behauptet Rotte, ein solches Vorgehen sei verbindlich vorgeschrieben. Sielje, der keine großen juristischen Kenntnisse hat, dafür aber über gesunden Menschenverstand verfügt, hat an dieser Behauptung so seine Zweifel.

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