Kinder mit Lese- Rechtschreibschwäche im Unterricht fördern
Wenn es mit dem Lesen und Schreiben nicht klappt
Kinder sollen in der Schule zuallererst Lesen und Schreiben lernen. Doch das funktioniert nicht bei allen Schülerinnen und Schülern gleichermaßen gut, manche tun sich besonders schwer. Liegt es an deren Vorkenntnissen, möglicherweise an Ihrem Unterricht oder handelt es sich gar um eine Lese-Rechtschreibschwäche? Gerade hier ist Prävention und frühes Eingreifen entscheidend, deswegen sollten Sie unbedingt aufmerksam sein.
LRS erkennen
Es gibt niemanden, der fehlerfrei das Lesen und Schreiben gelernt hätte. Fehler gehören einfach zum Lernprozess. Allerdings machen Kinder mit Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) dauerhaft mehr Fehler als die anderen. Als Lehrkraft sind Sie kein Therapeut aber guter Beobachter. Bereits im Laufe des ersten Schuljahres, spätestens aber in der zweiten Grundschulklasse können Sie Anzeichen einer LRS erkennen. LRS hat nichts mit mangelnder Intelligenz zu tun, sie kommt in allen Bevölkerungsschichten vor. Sie sollten also besonders genau hinschauen, wenn sich die Lernschwierigkeiten eines Kindes auf den Bereich des Lesens und Schreibens beschränken.
Daneben gibt es weitere Symptome, auf die Sie achten sollten:
- Schüler mit LRS arbeiten deutlich langsamer als die meisten anderen Kinder und sitzen erheblich länger an ihren Aufgaben.
- Bei einer Lesestörung häufen sich verschiedene Lesefehler. So werden Buchstaben, Wortteile oder ganze Wörter ausgelassen, hinzugefügt oder verdreht. Auch erraten die Kinder oft den Rest eines Wortes, sobald sie die Buchstaben entziffert haben. Es fällt ihnen dann schwer, den inhaltlichen Gesamtzusammenhang eines Textes zu erfassen.
- Auch bei der Rechtschreibstörung werden Buchstaben vertauscht, ausgelassen oder zusätzliche Buchstaben hinzugefügt. Ähnlich klingende Buchstaben werden verwechselt. Die Schüler wenden in der Klasse bereits gelernte und geübte Rechtschreibstrategien nicht an, etwa bei doppelten Mitlauten, Wortfamilien, Groß- und Kleinschreibung oder Wortbausteinen. Außerdem machen sie bei den gleichen Wörtern immer wieder unterschiedliche Fehler.
Regelungen
In den Bundesländern wird nicht einheitlich mit dem Thema LRS verfahren. Etwa beim sogenannten Nachteilsausgleich oder beim Notenschutz. Nachteilsausgleich meint zum Beispiel, dass den Kindern eine längere Bearbeitungszeit zugestanden wird, mündliche Leistungen stärker berücksichtigt werden, Ersatzleistungen oder veränderte Anforderungen möglich sind. Dazu zählen auch Hilfsmittel wie Computer oder Wörterbücher. Beim Notenschutz werden Rechtschreibung und Leseleistung in einem Test oder einer Prüfung nicht bewertet. Während in manchen Bundesländern für einen Nachteilsausgleich oder einen Notenschutz eine medizinische Diagnose notwendig ist, ist in anderen das Ergebnis einer schulpsychologischen Untersuchung ausschlaggebend, oder es genügt die Entscheidung der Lehrerkonferenz.
Im Unterricht
Aber egal wer entscheidet: Wenn dann bei einem Schüler LRS bestätigt wurde, und er - je nach Schule und Bundesland - Förderunterricht, außerschulische Therapie, Notenschutz oder Nachteilsausgleich erhält, bleibt die Frage: Wie gestalten Sie Ihren Unterricht, wie können Sie sowohl diesem Schüler gerecht werden als auch der gesamten Lerngruppe?
- Entscheidend ist, dass Sie den betroffenen Schülerinnen und Schülern Geduld und Verständnis entgegenbringen, dass Sie ihren Mehraufwand und ihre Bemühungen anerkennen. Schließlich brauchen diese Kinder mehr Zeit für Hausaufgaben und Vorbereitungen. Hinzu kommen häufig noch Förderunterricht oder Therapiestunden.
- Achten Sie außerdem auf die persönlichen Stärken dieser Schüler/-innen. Sind sie vielleicht besonders kreativ, in mündlichen Argumentationen besonders gut oder fit im logischen Denken? Stellen Sie diese Stärken heraus! Das fördert das Selbstbewusstsein der Schüler/-innen, die viele schulische Misserfolge verkraften müssen und ohne positive Rückmeldungen irgendwann zu Verhaltensauffälligkeiten neigen können.
- Verlängern Sie die Bearbeitungszeit und stellen Sie spezielle Arbeitsmittel bereit. Sie können außerdem einen Teil der schriftlichen durch mündliche Lernerfolgskontrollen ersetzen.
- Lesen Sie der ganzen Klasse schriftlich gestellte Aufgaben auch vor.
- Beschreiben Sie die Rechtschreibleistungen auch verbal.
- LRS-Kinder sind mit den herkömmlichen Korrekturzeichen oft überfordert. Statt die Fehler hervorzuheben, ist es effektiver, das Wort korrekt daneben zu schreiben.
- Für leseschwache Kinder kann es eine Qual sein, vor der Klasse vorlesen zu müssen. Setzen Sie deswegen beim Vorlesen verstärkt auf Freiwilligkeit.
- Legasthenie hat Auswirkungen in allen Fächern, es ist wichtig, dass Sie alle Kolleginnen und Kollegen darüber informieren.
- Nutzen Sie vermehrt Lieder, Spiele und Reime. So lernen die Kinder spielerisch Anlaute, Inlaute oder Endlaute herauszuhören.
- Auch der Einsatz von PC oder Tablet hat sich bewährt. Mit Spracherkennungssoftware und Rechtschreibkorrektur können Kinder Lesen und Schreiben trainieren, ohne sich vor der ganzen Klasse blamieren zu müssen.
- Es ist nicht immer leicht, dem Rest der Klasse zu erklären, warum ein Schüler/eine Schülerin anders behandelt wird. Hier müssen Sie sensibel reagieren, damit er/sie durch Ihre Erklärungen nicht stigmatisiert wird. In den Anfangsklassen funktioniert das meist sehr gut mit praktischen Beispielen. Etwa, dass nicht jeder ein Superfußballer ist oder dass manche Kinder besser malen oder singen können als andere.
- Über die verschiedenen Methoden, wie Kinder das Lesen und Schreiben lernen, wird seit Jahren heftig diskutiert. Da Kinder mit Lese-Rechtschreibschwäche Schwierigkeiten haben, sich Wortbilder zu merken, setzen viele Fachleute bei ihnen auf den traditionellen Fibel-Ansatz, bei dem Buchstaben und Wörter schrittweise und konsequent eingeführt werden.
- Was grundsätzlich gilt, ist auch hier sehr wichtig: die Elternarbeit. Tauschen Sie sich mit den Eltern aus, informieren Sie sie über die Fortschritte im Unterricht, über die Methoden und Lernmittel. Und lassen Sie sich berichten, wie die Eltern den Werdegang ihres Kindes begleiten und einschätzen.
- Und schließlich: Wenn Sie das Thema LRS an Ihrer Schule stärker verankern möchten, dann können Sie die Wahl eines LRS-Beauftragten oder spezielle Fortbildungen für die Lehrkräfte anregen.
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