Nachhaltigkeit im Unterricht: Pflicht und Kür zugleich
Das vielfältige Thema Nachhaltigkeit sinnvoll anpacken
Nachhaltigkeit hat in der Schule überall und nirgendwo Platz. Überall, weil es sinnvolle Anknüpfungspunkte in jedem Fach gibt. Nirgendwo, weil oft keine spezielle Unterrichtszeit dafür vorgesehen ist. Kindern und Jugendlichen liegt das Thema am Herzen, wie die weltweite Jugendbewegung "Fridays for Future" für mehr Klimaschutz eindrücklich beweist. Umso wichtiger, sich für interessante Unterrichtseinheiten und Projekte innerhalb der Schule Zeit zu nehmen.
Armut und Ungleichheit werden wirkungsvoll bekämpft, Konflikte friedlich gelöst, Natur und Umwelt geschützt – viele Kinder und Jugendliche wünschen sich genau das für unsere Welt. Doch ihre eigenen Möglichkeiten schätzen sie eher begrenzt ein: Energie sparen, Müll vermeiden, demonstrieren gehen. Zu vermitteln, was Nachhaltigkeit konkret bedeutet und wie jede und jeder Einzelne sich wirkungsvoll dafür einsetzen kann, liegt auch in der Hand von Lehrkräften sowie Erzieherinnen und Erziehern.
Mehr noch: Als im September 2015 die Agenda 2030 mit den 17 Nachhaltigkeitszielen, kurz SDGs, von den Vereinten Nationen verabschiedet wurde, verpflichteten sich alle Mitgliedsstaaten dazu, einen Beitrag zu ihrer Erfüllung zu leisten. Bei der Umsetzung der SDGs kommt Bildung eine Schlüsselrolle zu. Themen globaler nachhaltiger Entwicklung können dabei in allen Schulfächern und Klassenstufen behandelt werden.
Das Thema Nachhaltigkeit ist so vielfältig wie komplex, die Zeit dafür muss man bewusst schaffen, denn ein eigenes Fach gibt es dafür nicht. Und, wie der Name schon sagt: Für Nachhaltigkeit braucht es einen langen Atem, mit einmaligen Projekttagen ist es selten getan. Die gute Nachricht: Bei ihren Schülern stoßen Lehrer meist auf offene Ohren, Nachhaltigkeit spielt für sie eine wichtige Rolle. Immerhin fast ein Drittel der jüngeren Generation zwischen 15 und 24 Jahren hat eine starke Motivation, sich für Nachhaltigkeit zu engagieren und will tatkräftig mit anpacken. Das hat die Leuphana-Universität Oldenburg im Auftrag von Greenpeace herausgefunden.
Im Fokus: eigene Kompetenzen erwerben
Das Schulfach Nachhaltigkeit gibt es (noch) nicht. Vorerst liegt es in der Verantwortung der Kollegien und Schulleitungen, Aspekte der Nachhaltigkeit in den Unterricht einzugliedern, Projekte anzubieten, Kinder und Jugendliche auf thematisch passende Exkursionen mitzunehmen oder das Thema in der ganzen Schule fest zu verankern. Der Orientierungsrahmen für den Lernbereich "Globale Entwicklung", den die Kultusministerkonferenz gemeinsam mit dem BMZ herausgegeben hat, gibt dafür Leitlinien vor. Im Kern geht es dabei immer um die Vermittlung der Kompetenzen "Erkennen" (etwa Globalisierungsprozesse und -folgen zu analysieren), "Bewerten" (die Perspektive zu wechseln und ein eigenes Urteilsvermögen zu entwickeln) und "Handeln", also aktiv teilzunehmen, mitzugestalten und zu erleben, wie viel man selbst bewegen und bewirken kann.
Auch der Schulwettbewerb zur Entwicklungspolitik "alle für EINE WELT für alle" des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung stellt das selbstwirksame Handeln und die erfolgreiche Umsetzung eigener Projekte in den Mittelpunkt. Unterstützt und inhaltlich begleitet wird der Wettbewerb von mehreren Partnern, darunter der Cornelsen Verlag und einige NGOs. Unter dem Motto „Der Countdown läuft: Es ist Zeit für Action!“ startet der Schulwettbewerb zur Entwicklungspolitik in seine zehnte Runde. Zu seinem Jubiläum ruft der Wettbewerb dazu auf, sich mit den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung und ihrer Erreichbarkeit auseinanderzusetzen. Dabei sollen Kinder und Jugendliche nicht nur mehr über die einzelnen SDGs, ihre Bedeutung und globalen Zusammenhänge erfahren, sondern vor allem eigene Handlungsoptionen ausloten. Der Schulwettbewerb hat das Ziel, den Lernbereich Globale Entwicklung im Unterricht aller Jahrgangsstufen zu verankern und Kinder und Jugendliche für die EINE WELT zu sensibilisieren und zu aktivieren.
Die nächste Wettbewerbsrunde startet zum Schuljahresbeginn 2025/2026. Weitere Informationen zum Schulwettbewerb zur Entwicklungspolitik finden Sie hier.
Die Schülerinnen und Schüler überraschen
Besonders spannend wird es für Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte, wenn das Thema Nachhaltigkeit eine große Rolle in Fächern übernimmt, in denen man es am wenigsten vermutet, etwa im Sport- oder im Mathematikunterricht. Die Lösung von Konflikten, Fußball für alle Generationen oder die Folgen olympischer Spiele für die Ökosysteme sind nur drei Beispiele, wie man nachhaltige Entwicklung aufgreifen und konkretisieren kann. In Mathe kann es beispielsweise darum gehen, die weltweite Bekämpfung extremer Armut anhand von Daten zu analysieren.
Die ganze Schule macht mit
Vom Supermarkt bis zum Smartphone: Nachhaltigkeit spielt in allen Lebenssituationen von Kindern und Jugendlichen eine Rolle. Umso besser ist es, wenn sie auch in der Schule nicht nur in einzelnen Fächern oder Projekten, sondern im ganzen Schulalltag stattfindet – vom Pausensnack über das Zusammenleben in der Klassengemeinschaft bis zum Schüleraustausch.
Wie das gut gelingt, beweisen zum Beispiel die Unesco-Projektschulen, die Bildung für nachhaltige Entwicklung ganzheitlich verstehen und umsetzen. Das Hainberg-Gymnasium in Göttingen ist eine davon. Allein für die vergangenen Schuljahre zeigt die Palette der Aktivitäten, wie vielseitig man das Thema Nachhaltigkeit angehen kann. Ein paar Beispiele: eine siebte Klasse erlebt das Wattenmeer als "Klassenzimmer"; im Rahmen einer Projektwoche befassen sich zwei ganze Jahrgänge mit Gästen aus Uganda und einer NGO mit Ostfarika – gemeinsame Mahlzeiten inklusive; und eigens ausgebildete Fair-Trade-Botschafter stellen in Grundschulen den fairen Handel vor.
Gute Kooperationspartner finden
Über die Grenzen der eigenen Schule hinauszudenken, Netzwerke zu bilden und mit außerschulischen Partnern zusammenzuarbeiten, hat viele Vorteile: Man bündelt Kräfte, holt sich Expertise und ermöglicht den Schülerinnen und Schülern, Nachhaltigkeit praktisch zu erleben und anschaulich zu erfahren. Die Zusammenarbeit mit außerschulischen Akteuren wird von den Kultusministerien der Länder ausdrücklich unterstützt und gefördert. Manche haben dafür eigene Netzwerke und Plattformen geschaffen.
Und es lohnt immer, direkt bei den Nichtregierungsorganisationen und Initiativen nachzufragen, die das jeweilige Unterrichtsthema in ihrer praktischen Arbeit anpacken und umsetzen, am besten vor Ort. So bietet zum Beispiel der NABU (Naturschutzbund Deutschland e.V.) in Hamburg Thementage, Exkursionen und konkrete Naturschutzprojekte an. Auch Greenpeace stellt viele Lernmaterialien zur Verfügung und schickt erfahrene Umweltschützer in den Klassenraum, wenn Anschauliches aus erster Hand gewünscht wird.
Wer sich stärker für Themen der Entwicklungszusammenarbeit und des fairen Handels interessiert, findet zum Beispiel bei der Welthungerhilfe potenzielle Partner für Unterrichtseinheiten oder Projekte. Das Portal "Globales Lernen" vermittelt zudem ehemalige Entwicklungshelfer, ausländische Studierende und Mitarbeiter von NGOs wie der Welthungerhilfe, Inkota und Gemeinsam für Afrika als Referenten für den Unterricht.
Mehr Mut, sich einzumischen
71 Prozent der jüngeren Generation haben in der Schule schon mal mit Nachhaltigkeit zu tun gehabt – aber nur jeder Dritte hat Möglichkeiten kennengelernt, Gesellschaft zu verändern. Um das zu verbessern und Kinder und Jugendliche zu starken, selbstbewussten Akteuren für eine nachhaltige Gesellschaft zu machen, bieten sich Lehrkräften und Schulleitungen viele Chancen. Globalisierungsprozesse bringen wesentliche Veränderungen mit sich. Im Unterricht sollen Kinder und Jugendliche die notwendigen Kompetenzen erwerben, um sich in einer globalisierten Welt zu orientieren und eigene Werte und Haltungen zu entwickeln.
Fortbildung der Cornelsen Akademie
Nachhaltigkeit in der Schule – Wegwerfen oder aufbewahren?
In unserem Live-Online-Seminar präsentieren wir Ihnen praktische Möglichkeiten, das Thema Nachhaltigkeit im Lebensraum Schule umzusetzen und Schülerinnen und Schüler anzuregen, im eigenen Schulalltag auf nachhaltiges Verhalten zu achten.