Unterricht gestalten / 06.08.2019

Schülerinnen und Schüler zum Zuhören animieren

Im Unterricht ganz Ohr sein

Da sitzen also 20, 30 Kinder vor Ihnen und hören Ihnen ganz aufmerksam zu. Oder vielleicht doch nicht? Rauscht das, was Sie sagen, möglicherweise an vielen Ohren vorbei? Das wäre fatal. Schließlich ist Zuhören eine zentrale Voraussetzung für das Lernen. Was also tun, damit Ihre Schülerinnen und Schüler ganz Ohr sind?  Im folgenden Artikel haben wir ein paar Ideen für Sie zusammengetragen.

Bild: Shutterstock.com/Pressmaster

Unsere Ohren sind immer geöffnet. Wir können sie nicht wie unsere Augen schließen, es sei denn durch zusätzliche Hilfsmittel. Sie sind also in der Regel auf Empfang und werden jederzeit mit Geräuschen gefüttert. Im Gegensatz zu diesem permanenten Hören erfordert das bewusste Zuhören weitere Kompetenzen, wir müssen bestimmte Geräusche ausschalten und gleichzeitig die gesprochene Sprache inhaltlich und formal verstehen.  Nicht ohne Grund gehört das Zuhören zu den vier Kompetenzbereichen der Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Primar- und Sekundarbereich. Und sollte immer mal wieder trainiert werden.

Die äußeren Bedingungen

Wir kennen das alle. Auf einer Party, in einem Restaurant mit hohem Geräuschpegel oder in der überfüllten Straßenbahn fällt es uns schwer, jemandem konzentriert zuzuhören. Das Zuhören in einer ruhigen Umgebung hingegen bereitet kaum Mühe. Eine entscheidende Voraussetzung, um den Kindern das Zuhörern zu erleichtern ist also, für möglichst viel Ruhe im Klassenraum zu sorgen. Ganz ruhig wird es nie werden, immer wird irgendein Stuhl geschoben, wird im Ranzen gekramt, getuschelt, in Büchern geblättert. Dazu kommt oftmals noch eine ungünstige Raumakustik. Die können Sie nicht ändern, aber es ist schon sehr viel gewonnen, wenn der allgemeine Geräuschpegel in der Klasse nicht mit Ihrer Stimme konkurriert. Doch wie lässt sich das bewerkstelligen?

Rituale

Rituale fördern die Aufmerksamkeit. Damit erreichen Sie, dass Ihre Schülerinnen und Schüler zur Ruhe kommen und der Geräuschpegel sinkt. Wählen Sie ein für Ihre Schüler passendes Ritual:

  • Zum Beispiel eine Schweigeminute - oder eine halbe Schweigeminute -, die durch ein vorher vereinbartes akustisches Signal beginnt.
  • Oder Sie setzen die Konzentrationskarte ein. Ein Kärtchen mit einem deutlichen Piktogramm, das zum Schweigen und Zuhören auffordert. Wichtig ist, dass die Schüler wissen, was sie dann zu tun haben, nämlich: den Lehrer anschauen, Gegenstände aus der Hand legen, schweigen und zuhören.
  • Das Begrüßungsritual, bei dem die Schülerinnen und Schüler aufstehen. Denn es hat durchaus positive Auswirkungen auf Ruhe und Konzentration. So wird eindeutig der Beginn des Unterrichts markiert, Pause und private Gespräche sind vorbei. Und ist es nicht eine Frage der Höflichkeit, zur Begrüßung aufzustehen, wenn der andere ebenfalls steht?  An vielen Schulen wird dies bereits – zumindest in den ersten Unterrichtsjahren – praktiziert. Und wenn dann Ruhe eingekehrt und es tatsächlich leise genug ist, kann der Unterricht beginnen.

Allerdings genügt Ruhe allein nicht, damit die Schülerinnen und Schüler dem Unterricht folgen und dem Gesagten bewusst lauschen. Sie müssen diese Fähigkeiten schon ein wenig trainieren. Für die Grundschule bieten sich dazu eine ganze Reihe von spielerischen Übungen und Aufgaben an. Das gilt übrigens auch für die weiterführenden Schulen.

Grundschule

Hörübungen

Grundschulkinder können das Zuhören zum Beispiel bei Lauschspielen im Klassenraum, im Schulgebäude oder auf dem Schulhof trainieren.

  • Bei geöffneten Fenstern etwa achten sie mit geschlossenen Augen auf alle Geräusche, die von draußen kommen. Anschließend erzählen sie, was sie gehört haben. An der Tafel werden die Ergebnisse notiert. Welche Geräusche haben alle Kinder gehört, welche nur wenige?
  • Wann gibt es keinen Ton mehr? Bei dieser Übung sitzen die Kinder mit geschlossenen Augen im Stuhlkreis, während Sie mit einem Gong oder einer Triangel einen Ton anschlagen. Die Kinder heben eine Hand, sobald sie diesen Ton nicht mehr hören.


Aufgaben

  • Eine Standardübung für konzentriertes Zuhören ist, Fragen im Anschluss an einen vorgelesenen Text zu stellen. Etwa: Wie heißt die Freundin von Pippi Langstrumpf? Was haben die Kinder auf der Wiese entdeckt?  In einer zweiten Runde können Sie den Text noch einmal vorlesen und bewusst Fehler einbauen, die die Kinder entdecken müssen. Etwa andere Namen, andere Kleidungsstücke, andere Orte.
  • Grundschulkinder haben außerdem meist keine Scheu, etwas vorzuspielen. Lesen Sie den Text einmal vor. In einer zweiten Vorleserunde werden die Kinder aufgefordert, das Gehörte pantomimisch zu begleiten.


Spiele

Wie wäre es, wenn Sie den Tag des Zuhörens in Ihrer Klasse mit Spielen feiern? Die eignen sich natürlich auch für andere Gelegenheiten, etwa für eine Vertretungsstunde oder zum Schuljahresende.

  • Suchspiel: Einzelne oder mehrere Kinder suchen einen versteckten Gegenstand nach detaillierten Anweisungen der anderen Schülerinnen und Schüler. "Gehe zwei Schritte zurück, drehe dich um und gehe drei Schritte zur Tür. Sieh dir alle Schulbänke an und wähle die mit dem gelben Mäppchen. Öffne es und schau hinein."
  • Stille Post: Viele bekannte Kinderspiele sind hervorragend geeignet, um das Zuhören zu trainieren. Etwa das bekannte Spiel "Stille Post". Die Kinder sitzen in einer Reihe. Das erste Kind denkt sich einen Satz aus und flüstert ihn möglichst schnell ins Ohr seines Nachbarn, dieser gibt das, was er gehört hat, auf die gleiche Weise an seinen Nachbarn weiter und so fort. Das letzte Kind in der Reihe trägt schließlich das, was es gehört hat, laut vor. Dann sagt das erste Kind seinen Satz. Das Ergebnis ist meistens lustig, weil die beiden Sätze nur noch wenig miteinander zu tun haben. Sie können die beiden Sätze anschließend an die Tafel schreiben, um diese Unterschiede deutlich zu machen.

Weiterführende Schule

Einen Text anhören und anschließend Fragen beantworten – das funktioniert auch in der weiterführenden Schule.

  • Als Gruppe hören: Die Klasse wird in mehrere Gruppen aufgeteilt. Nach dem Vorlesen schreiben die Gruppen vier Informationen auf, die sie behalten haben. Dann werden die Ergebnisse verglichen. In der zweiten Runde beantworten die einzelnen Gruppen konkrete Fragen, wie zum Beispiel: Wann spielt die Geschichte? Wo spielt die Geschichte? Welche Personen kommen vor? Was habt ihr über die Hauptpersonen erfahren? Auch diese Ergebnisse werden wieder verglichen und besprochen.
  • Zuhören trainieren mit einem Rundfunkbeitrag: Suchen Sie in den Mediatheken der Hörfunksender – zum Beispiel beim Deutschlandfunk – einen passenden, nicht zu langen Beitrag aus und formulieren Sie dazu mehrere konkrete Fragen, möglichst in unterschiedlichen Formaten. Zum Beispiel als Multiple Choice-Aufgaben, zum Ausformulieren oder als Richtig-oder-Falsch-Aussagen. Während des Zuhörens können die Schüler sich Notizen machen. Anschließend verteilen Sie die Fragen zur schriftlichen Beantwortung. Nachdem Sie die Antworten überprüft und kommentiert haben, hören sich die Schüler in der kommenden Unterrichtsstunde den Beitrag ein weiteres Mal an und vergleichen das Gehörte mit ihren Antworten. So können sie sich selbst ein Bild davon machen, wie gut sie im Zuhören sind.

Und auch zum Spielen sind diese Schüler noch nicht zu alt!

  • Sicherlich kennen Sie das Spiel Teekesselchen. Es ist ein Gesellschaftsspiel, bei dem gleichlautende Wörter zu erraten sind, so genannte Homonyme. Soweit der Duden zu einem Begriff, der seit Generationen für ein unterhaltsames Spiel steht, mit dem ganz nebenbei das Gefühl für Sprache und das Zuhören trainiert werden. Traditionell wird das Spiel von zwei Kindern bestritten, die sich insgeheim, am besten vor der Tür oder durch achtsames Flüstern, über einen Begriff verständigen, der mindestens zwei Bedeutungen haben kann. Diesen beschreiben sie dann abwechselnd vor der Gruppe. Etwas herausfordernder ist es, einen Begriff zu finden, der mehr als bloß zwei Bedeutungen hat – etwa Chip: Kartoffelgebäck, Computerzubehör, Spielmarke; oder Note: Zensur, Musik, diplomatisches Schriftstück, Geldschein, individuelles Merkmal. Die Kunst der Vortragenden besteht darin, die Ratenden durch die unterschiedlichen Beschreibungen des gleichen Begriffes möglichst lange im Dunkeln tappen zu lassen oder durch das Hervorheben von Nebensächlichem eine falsche Fährte zu legen. Immer müssen sie sich allerdings an die Fakten halten und dürfen keine unklaren oder gar falschen Beschreibungen liefern. Wer schließlich den richtigen Begriff erraten hat, darf sich einen oder mehrere Mitspieler aus der Gruppe auswählen, um dann zusammen ein neues Teekesselchen festzulegen.

Neben all den konkreten Aufgaben und Spielen gilt es, das Zuhören sowie die Aufmerksamkeit und Konzentration der Schülerinnen und Schüler im Unterricht permanent zu fördern.  Zum Beispiel, indem Sie sich immer wieder durch Nachfragen oder die Bitte um Rückmeldungen vergewissern, was bei den Schülern tatsächlich angekommen ist.

Und schließlich noch die eigene Stimme

Und etwas Wichtiges sollten Sie nicht unterschätzen, wenn das, was Sie sagen, die Schüler auch erreichen soll: Ihre Stimme. Die wird während des Schulalltags wahrhaftig strapaziert. Gut also, wenn sie sorgsam mit Ihrer Stimme umgehen und einige Tricks parat haben, wie Sie Ihre Stimme wirkungsvoll einsetzen können.

Wer seine Stimme stark beansprucht, wird oft heiser und spricht meist weit hinten im Rachen. Das führt zwar zu einem tiefen, sonoren Klang, strapaziert aber einerseits weiterhin die Stimmbänder und führt andererseits dazu, dass die Stimme nicht unbedingt bis in die letzte Reihe durchdringt. Das Sprechen im vorderen Bereich hingegen lässt die Stimme metallischer klingen – sie wird einfach durchdringender. Und das lässt sich trainieren. Probieren Sie es einfach mit einem festgelegten Satz aus, den Sie einmal hinten im Rachen artikulieren und einmal deutlich weiter vorn. Damit Sie ein Gefühl für den unterschiedlichen Klang bekommen, lohnt es sich, diese Sprechübungen aufzuzeichnen.

Auch zu schnelles oder undeutliches Sprechen erschwert das Zuhören. Nehmen Sie sich bewusst Zeit, arbeiten Sie mit kleinen Sprechpausen und wenn Sie die Deutlichkeit verbessern wollen, spielen Sie zu Hause einfach mal Kleinkind und drücken Ihren Daumen an die innere, obere Zahnreihe. Versuchen Sie nun einen Text vorzulesen. Das ist gar nicht so einfach, denn f, m, b oder p hören sich schon sehr seltsam an und auch der S-Laut funktioniert nicht so richtig. Aber:  Mit dieser Übung trainieren Sie Unterkiefer und Zunge, beide werden beweglicher und mit ein wenig Übung wird es Ihnen künftig leichter fallen, klarer und deutlicher zu sprechen.

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