{First Steps} Schreiben hilft beim Englischlernen
Schreibaufgaben für Grundschulkinder
Etwas aufzuschreiben ist für Grundschulkinder ganz normal. Auch im Englischunterricht haben Schreibtätigkeiten ihren Platz. An den Vorteilen besteht kein Zweifel – das spiegelt sich auch in den Lehrplänen der Bundesländer wider.
Ob in Bayern, in Nordrhein-Westfalen oder in Sachsen: Alle Lehrplangestalter/-innen weisen das Schreiben als einen wichtigen Kompetenzbereich des Englischunterrichts in der Grundschule aus. Erwähnt werden das Abschreiben, Zuordnen und Reproduzieren von Redemitteln und Texten. Auch Verändern, Abändern und Ergänzen sollen beim Schreiben geübt werden. Entsprechend lauten die Operatoren, d. h. die Verben, die Tätigkeiten in Schreibaufgaben für Grundschullernende benennen, write, complete oder copy.
Schreiben fördert Kompetenzen
Lehrpläne erwähnen das Schreiben explizit und verlangen, es im Unterricht grundschulgemäß zu trainieren – aus gutem Grund, denn das Schreiben gehört als grundlegende Kulturtechnik in jedes Curriculum. Ohne Schreibtätigkeiten wäre das Lernen einer Fremdsprache viel mühseliger. Man denke nur einmal daran, was es für die Lernenden bedeuten würde, sich alle Wörter und Strukturen merken zu müssen. In keinem Vokabel- oder Übungsheft könnten sie das Gelernte nachlesen. Sie müssten allein ihrem Gedächtnis vertrauen, um Sprachwissen und -können nachhaltig zu erweitern. Ob das funktionieren würde?
Auch das Lesen wird – zumindest mittelbar – durch Schreibtätigkeiten gefördert. Schriftbilder, die man schon selbst geschrieben hat, erkennt man schneller und leichter in Aufgaben und Geschichten wieder. Studien der Gedächtnisforschung zeigen, dass beim Aufschreiben ein zusätzlicher Speicher im Gehirn aktiviert wird. Er unterstützt Lernende dabei, Redemittel nachhaltig im Gedächtnis abzulegen. Allerdings sollte mit der Hand geschrieben werden, denn die motorische Tätigkeit ist lernwirksamer als das Tippen auf einer Tastatur oder das Ausschneiden und Aufkleben von Wortkärtchen.
Korrektes Schreiben von Anfang an
Beim Schreiben muss auch die Rechtschreibung beachtet werden. Vokabeln wie cat, elephant, big oder long bereiten Lernenden mit Deutsch als Erst- oder Zweitsprache kaum Probleme, da Aussprache und Schreibung hier eng beieinanderliegen. Diese Nähe gibt es aber nur bei einer relativ kleinen Anzahl an englischen Begriffen. Die meisten weisen Unterschiede zwischen ihrem Laut- und Schriftbild auf, etwa bei Homophonen (gleichklingenden Wörtern) wie I und eye, buy und by oder hear und here. Eine weitere Hürde sind Laute (Phoneme), die durch verschiedene Schriftzeichen (Grapheme) dargestellt werden. Beispielsweise wird der Laut /i/ durch die Grapheme ea (each), y (happy), ee (see) oder ey (key) verschriftlicht. Die komplizierte Schreibung hängt mit Übernahmen aus anderen Sprachen zusammen. Sie haben dafür gesorgt, dass es nur wenige klare und eindeutige Rechtschreibregeln gibt. Hinzu kommt, dass sich die Bestrebungen, die englische Rechtschreibung zu vereinheitlichen, in der Vergangenheit als zu komplex erwiesen haben und folglich nicht weiterverfolgt wurden.
Wer aus seiner Erstsprache an klare Regeln gewöhnt ist, muss sich beim Englischlernen daher umstellen. Kinder mit italienischer oder spanischer Muttersprache können sich darauf verlassen, dass man ein Wort so schreibt, wie man es hört. Im Deutschen sind Aussprache und Schreibung ebenfalls recht nahe beieinander. Im Englischen gibt es solch allgemeingültige Regeln nicht. Schreiben nach Gehör funktioniert hier viel weniger als in anderen Sprachen.
Die Unterschiede zwischen Aussprache und Schreibung bringen es mit sich, dass im Unterricht beide Techniken trainiert werden – natürlich selektiv und eingebunden in Geschichten und Situationen, bei denen das Sprechen jedoch immer vor dem Schreiben kommt. Erst wenn die Kinder mit der Aussprache eines Wortes vertraut sind, erfahren und trainieren sie in sinnvollen Kontexten, wie es geschrieben wird.
Schreiben rhythmisiert und individualisiert
Das Schreiben hat auch wichtige methodische Funktionen: Es aktiviert alle Lernenden und sorgt für eine ruhige Arbeitsatmosphäre im Klassenzimmer. Die Kinder benötigen stille Phasen, damit sie sich darauf konzentrieren können, Schriftbilder nachzuahmen, kleine Wörtersammlungen anzulegen, Sätze zu verfassen oder Sprachlücken in einem Text zu füllen. Die Stillarbeit durch Schreiben setzt außerdem einen sinnvollen didaktischen Kontrapunkt zum Vor- und Nachsprechen, zum Vorlesen und Dialogisieren, Singen und Spielen. Lehrkräfte können ihn nutzen, um einzelne Lernende zu beraten und zu unterstützen. Für die Kinder haben Schreibaufgaben den Vorteil, dass sie nach ihrem eigenen Lernrhythmus arbeiten können, ohne in Stress zu geraten – andres als in mündlichen Szenarien, in denen die Kinder spontan formulieren müssen. Ohnehin schätzen es viele junge Lernende, auf Englisch aktiv zu sein, ohne dass immer gleich die ganze Klasse mithört (KV 1).
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Reproduktives Schreiben festigt das Vorwissen
Im frühbeginnenden Englischunterricht ist das Schreiben – so fordern es die Lehrpläne – neben dem Imitieren eine vornehmlich reproduktive Tätigkeit. Reproduktives Schreiben stößt Sprachhandlungen mit Ausdrucksmitteln an, die den Kindern aus dem Unterricht bereits vertraut sind. Dieses Vorwissen zu reaktivieren und die Schriftbilder hierzu zu konsolidieren, sind die vornehmlichen Ziele reproduktiver Schreibübungen. Lernenden hilft das Abschreiben, Einfüllen oder Ergänzen, wenn Redemittel gesichert und gefestigt werden sollen. Operatoren wie fill in, complete, make up and write etc. dienen genau diesem Ziel: Konsolidieren durch Reproduzieren. Formate gibt es in ausreichender Zahl. Sie beginnen bei Wortverwürfelungen und jumbled sentences, die in sinnhafte Schriftbilder überführt oder in einem Buchstabencluster markiert werden (KV 2). Bei crossword puzzles werden die Suchwörter durch das Einsetzen in Kästchen Buchstabe für Buchstabe reproduziert. Das running dictation basiert auf einem Dreierschritt. Die Kinder lesen einen Satz, merken ihn sich, gehen an die Tafel und schreiben ihn auf. Der vierte Schritt – das Korrigieren der Tafelanschriebe – wird in der Klassengemeinschaft umgesetzt. Entscheidend ist, dass der Text, die Sätze oder Wörter einen gemeinsamen Kontext aufweisen, dass sie z. B. zum Unit-Thema passen oder zu einer Wortfamilie gehören.
Produktives Schreiben
Das schriftliche Reproduzieren ist kein Schreiben, bei dem man echte Informationen mitteilt. Die Kinder formulieren nur bedingt eigenständig und lediglich bezogen auf Inhalte, die sie bereits kennen. Ihre Themen lassen sich gut für produktive Schreibphasen nutzen, etwa um Kontakte herzustellen oder sie aufrechtzuerhalten. All das passiert in einem vorentlasteten didaktischen Rahmen in schülernahen Schreibsituationen, die sprachlich leicht zu bewältigen sind. Auch wegen der gebotenen Differenzierung sollte eine Auswahl an Redemitteln und Satzstrukturen zur Verfügung gestellt werden, die das Formulieren erleichtern. Schreibstrategien wie das selbstständige Planen, Strukturieren, Entwerfen und Überarbeiten eines Textes, werden erst in der Sekundarstufe angebahnt. In der Grundschule geht es beim produktiven Schreiben darum, kurze Texteinheiten zu verfassen, mit und ohne language help. Geschrieben werden Karten, E-Mails und Textnachrichten, auch partial dialogues, die die Kinder vervollständigen. Darüber hinaus verschriftlichen sie kleinere flow charts. All dies ist grundschulgemäßes produktives Schreiben, denn die Genres lassen bereits in ihren didaktisierten Varianten individuelle Lösungen mit verschiedenen Ergebnissen zu. Mehrere Lösungen sind ein Kernelement produktiven Schreibens: Die Kinder wählen individuell Redemittel aus und setzen sie ein (KV 3).
Fazit
Auch wenn im Zentrum des Englischunterrichts das Hören und Sprechen steht, gibt es gute Gründe, um Lernzeit für das Schreiben zu reservieren. Differenzierungsmaßnahmen stellen sicher, dass sich Langeweile erst gar nicht einstellt. Im Zusammenspiel mit einer individuellen Förderung schreiben alle Lernenden gerne und für sich erfolgreich.
Zu den Materialien
Die Kopiervorlage 1 ist eine Sammeltätigkeit, bei der das Schreiben dabei hilft, bekannten Wortschatz in einem neuen Zusammenhang zu vertiefen.
Die Kopiervorlage 2 verlangt zuerst danach, Wortbilder zu finden und zu markieren. Dann sollen Wortbedeutung, Schriftbild und visuelle Darstellung durch Aufschreiben zusammengeführt werden.
Die Kopiervorlage 3 ist eine eng gesteuerte Schreibaufgabe, bei der die Antwort auf eine E-Mail verfasst werden soll. Das Textraster kann auch zur Differenzierung eingesetzt werden.
Der Autor, Prof. Dr. Wolfgang Gehring ist Englischdidaktiker an der Universität Oldenburg.