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Unterricht gestalten / 06.12.2023

Wie das Basiswissen trainiert und gefestigt werden kann

Mit den täglichen Auftaktübungen wichtige Grundlagen im Gedächtnis verankern

Laut der aktuellen PISA Studie sind die schulischen Leistungen der Jugendlichen in Deutschland in den Bereichen Mathematik, Lesekompetenz und Naturwissenschaften erneut merklich gesunken. Lücken im sprachlichen und mathematischen Grundwissen sind fatal. Sie erschweren den Schülerinnen und Schülern das weitere Lernen und führen zu Misserfolgen. Doch wie kann diese Abwärtsspirale verhindert werden? Im regulären Unterricht ist es kaum möglich, Basiswissen immer wieder zu üben. Gibt es möglicherweise ein erfolgversprechendes Rezept? Mit den Auftakt!übungen will Doreen Wilke den Lehrkräften ein Instrument an die Hand geben, mit dem das erworbene Grundwissen gefestigt werden kann.

Bausteine, die ineinander gesteckt werden
Bild: Shutterstock.com/Radachynskyi Serhii

Frau Wilke, wie kam es zu der Idee für dieses Übungsmaterial?

Doreen Wilke: In meinem eigenen Unterricht habe ich immer wieder festgestellt, dass das Basiswissen in den Fächern Deutsch und Mathematik aus den vorangegangenen Schuljahren nur unzureichend gelernt oder auch vollkommen verschüttet war. Aus eigener Erfahrung war mir bewusst, dass das kontinuierliche wiederholende Üben aus Zeitmangel viel zu kurz kommt. Gleichzeitig geht gerade am Anfang der Unterrichtsstunde wertvolle Zeit verloren, weil es meist einige Minuten braucht, bis die Klasse nach der Pause zur Ruhe gekommen ist und sich auf den Unterricht konzentrieren kann. Mit den Auftaktübungen wollte ich beides verbinden, also einerseits das kontinuierliche Üben und Wiederholen von Basisfähigkeiten und Basiswissen und andererseits einen konzentrierten Stundenbeginn ohne Zeitverluste.

Wie haben Sie die Auftakt!übungen entwickelt?

Doreen Wilke: Ich habe mich ein bisschen an meine eigene Schulzeit erinnert. Im Mathematikunterricht hatten wir die sogenannten täglichen Übungen. Das waren mehr Aufgaben als bei den Auftakt!übungen und auch das Differenzieren war noch kein Thema. Es ging um reines Kopfrechen. Auch heute wird das natürlich von Lehrkräften praktiziert. Ich habe dieses Konzept für die Fächer Deutsch und Mathematik zugrunde gelegt und entsprechend erweitert.

Was ist Ihnen dabei besonders wichtig?

Doreen Wilke: Wichtig ist die tägliche Routine, die nach einer Zeit der Einführung für die Schülerinnen und Schüler vertraut und verlässlich ist, denn Routinen bieten auch eine gewisse Sicherheit. Diese Routine sollte im Unterricht einen festen Platz haben und von Schuljahr zu Schuljahr fortgeführt werden können. Dabei kam es mir darauf an, die Übungen in ein überschaubares tägliches Pensum zu übertragen, das zeitlich auch realisierbar ist. Außerdem war mir die gute Handhabbarkeit für die Lehrkräfte wichtig. Das heißt, es musste ein einfaches Konzept sein, das auch in der Unterrichtsvertretung schnell zu erfassen ist, keines Vorbereitungsaufwandes bedarf, die vorhandenen Unterrichtsmaterialien nutzt und nicht zuletzt auch ein leichtes handliches Format für die Lehrkräfte bietet, denn sie schleppen bekanntermaßen mitunter schwere Taschen von Raum zu Raum.

Worum geht es konkret?

Doreen Wilke: Der Schwerpunkt der Übungen liegt auf dem Stoff des Unterrichts des vergangenen Schuljahres, manchmal auch noch etwas weiter zurückreichend. Es geht darum, diesen Stoff als Grundlage für den aktuell und auch künftig zu lernenden Stoff lebendig und verfügbar zu halten und weiter im Gedächtnis zu verankern. 

Können Sie beispielhaft ein paar Auftaktübungen beschreiben?

Doreen Wilke: Es gibt für jeden Tag ein kleines Übungspaket mit vermischten Aufgaben, sowohl im Deutschunterricht als auch im Mathematikunterricht. Die Kinder haben ein Übungsheft dafür, sie können aber auch ihr Mathematik- oder Deutschheft nutzen. Gebraucht werden ansonsten nur noch Lineal und Stifte. Ganz wichtig: Die Lehrkraft sagt die Aufgaben langsam mündlich an. 

In den Übungen für das Fach Deutsch werden zum Beispiel Schreibungen, die unbedingt beherrscht werden müssen, wie Zahlen, Wochentage, Jahreszeiten und Monate sowie Grundbegriffe und Grundkenntnisse des Sprachunterrichts geübt und gefestigt. In Mathematik geht es beispielsweise um das Training des Einmaleins, um den Umgang mit Größen, natürlich um das Kopfrechnen, aber auch um Übungen zum schriftlichen Rechnen oder kurze alltagsnahe Sachaufgaben. 

Geübt werden darüber hinaus wichtige Begriffe des Fachunterrichts, zum Beispiel die Konjugation des Verbs multiplizieren oder Wörter wie die Epoche, der Äquator oder die Demokratie. Es ist leider nicht klar abgesteckt, in welchem Kontext die richtige Schreibung dieser Fachtermini geübt werden, ob im Fachunterricht selbst oder im Deutschunterricht. Sie muss irgendwo wiederholend geübt werden, aber es gibt keinen festen Platz dafür.

Wie sehen diese Aufgaben konkret aus?

Doreen Wilke: Es handelt sich häufig um Aufgaben, bei denen die Schülerinnen und Schüler einen Satz zu Ende führen müssen, wie zum Beispiel „ä, ö, ü sind ...“ und die Kinder ergänzen „Umlaute“ oder „Welche Wörter sind Possessivpronomen?“ Dann folgen einige Beispiele, die die Kinder mitschreiben und anschließend unterstreichen sie die Possessivpronomen. Entscheidend ist auch, dass die Aufgaben mündlich diktiert werden. Nur in einigen Ausnahmefällen wird zusätzlich die Tafel zu Hilfe genommen. Wichtig ist dabei – auch wenn es am Anfang für die Schülerinnen und Schüler schwierig ist –, dass die Aufgaben nur einmal angesagt werden, allerdings auch sehr langsam.

Warum?

Doreen Wilke: Das Ansagen der Aufgaben „zwingt“ die Schülerinnen und Schüler zu Ruhe und Konzentration von der ersten Minute an. Wenn dieses Vorgehen erst einmal eingeführt ist, dann rufen sie sich gegenseitig zur Ordnung, denn sie wollen die Aufgaben ja verstehen. Direkt im Anschluss an die Bearbeitung der Aufgaben werden täglich zwei Hefte von der Lehrkraft eingesammelt. Das ist ein Ansporn für die Schülerinnen und Schüler und eine Gelegenheit für die Lehrkraft, Zensuren zu vergeben. Außerdem kann sie so auch den Förderbedarf ermitteln und weitere Übungen für diese Schülerinnen und Schüler zusammenstellen. Mit der Klasse erfolgt gemeinsam die Korrektur, am besten durch die Schülerinnen und Schüler selbst. Sie melden sich,um die Ergebnisse zu nennen. Dabei werden Fehler in den Heften korrigiert.

Wie reagieren die Kinder auf das tägliche Ritual?

Doreen Wilke: Rituale am Anfang der Stunde erleichtern es den Kindern, in den Unterricht hineinzufinden. Das geringe Übungspensum, das kontinuierlich erfolgt, überfordert die Kinder nicht. Und die Kinder wissen, was sie heute am Stundenanfang erwartet, sie stellen sich darauf ein. Sicherlich müssen und können nicht alle Aufgaben Spaß machen, aber ein gewisser Anteil an Aufgaben mit Bezug zum Alltag und den Interessen der Kinder weckt ihre Neugierde und ihre Motivation. Es war mir wichtig, altersgerechte und auch jahreszeitlich passende Themen mit einzubeziehen, denn die Auftaktübungen sind zeitlich entlang des Schuljahres aufgebaut.

Erfolgreiche Leseförderung in der Grundschule

Lesekompetenz ist entscheidend für den Lebensweg der Kinder. BiSS-Transfer ist eine bundesweite Initiative zur Intensivierung der Leseförderung. Unsere Lesebücher und weitere Materialien bieten alles, was Sie für die Leseförderung brauchen.

Und wie gelingt die Differenzierung?

Doreen Wilke: Für die Lehrkraft ist die Leistungsdifferenzierung durch Farben und Symbole leicht erkennbar. Das war mir sehr wichtig, weil es ein Erfassen „auf einen Blick“ ermöglicht. Das Spektrum reicht von sehr leichten bis zu anspruchsvolleren Übungen. Es ist gut, dass auch Kinder mit Lernschwierigkeiten durch täglich eine sehr leichte Aufgabe einen Erfolg erleben, um sie zu motivieren. Es gibt auch immer eine Zusatzaufgabe, die etwas schwieriger ist oder etwas Neues einführt, das an den darauffolgenden Tagen für die ganze Klasse wiederholt wird.

Welche Rückmeldungen haben Sie von anderen Lehrkräften zu den Auftakt!übungen?

Doreen Wilke: Ich habe durchweg positive Rückmeldungen von sehr erfahrenen Lehrkräften bekommen! Begrüßt wurden besonders die Kontinuität und der feste Platz im Unterrichtsablauf sowie die Fortführbarkeit von Schuljahr zu Schuljahr. Positiv wurde auch aufgenommen, dass verschiedene Kompetenzen geschult und weiterentwickelt werden, wie zum Beispiel das genaue, konzentrierte Zuhören, die Merkfähigkeit und auch die Rücksichtnahme innerhalb der Klasse.

Info

Auftakt!übungen – Das tägliche Ritual zum Unterrichtsbeginn liegen derzeit für das Fach Deutsch von der 3. bis zur 6. Klasse vor, in Mathematik für die Klassen 3 und 4. Die Bände für die Klassen 5 und 6 erscheinen im kommenden Jahr.

Zur Person

Die Autorin Doreen Wilke hat Deutsch und Religion studiert. Sie hat als Grundschullehrerin gearbeitet und ist seit vielen Jahren als Lektorin für Bildungsverlage tätig.

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