Drei Fragen an... Julia Goltz, Redaktionsleiterin Französisch bei Cornelsen
„Fremdsprachenlernen heißt auch, andere Kulturen kennenzulernen“
Sprachen sind Türöffner zu anderen Kulturen und Fremdsprachenlehrwerke nicht selten die ersten Kontaktpunkte, durch die Kinder und Jugendliche Einblicke in eine andere Kultur bekommen. Wie es gelingt, Kindern und Jugendlichen ein authentisches Bild einer pluralistischen Kultur wie der französischsprachigen zu vermitteln, fragen wir Julia Goltz, Redaktionsleiterin Französisch bei Cornelsen.
Julia, in den aktuellen Ausgaben der Französisch-Lehrwerke À Plus ! und À toi ! habt ihr großen Wert auf Diversität und Inklusion gelegt…
Julia Goltz: Uns war und ist sehr wichtig, die französischsprachige(n) Kultur(en) und die französische Gesellschaft so vielfältig und echt wie möglich zu zeigen. Weil wir dafür nur begrenzt Platz haben und unsere Lernenden ihre sprachlichen Fähigkeiten erst aufbauen, arbeiten wir, ähnlich wie in einer Sitcom, mit fünf Protagonist/-innen, die es so echt in Frankreich geben könnte. Da gibt es beispielsweise Idriss, der selbst Franzose ist, dessen Großmutter Tunesierin ist und in Tunis wohnt und die leckersten Pâtisseries der Welt macht. Oder Jeanne, deren Mutter gehörlos ist und die daher auch gebärdet und für ihre Freunde/Freundinnen dolmetscht. Über diese und viele weitere Geschichten aus dem Leben unserer fünf Lehrwerkskinder und ihrer Familien können wir eine große Vielfalt abbilden, ohne sie explizit thematisieren zu müssen.
Wie gelingt es euch, dabei authentisch zu bleiben?
Julia Goltz: Wir arbeiten mit einer professionellen französischen Jugendbuchautorin zusammen, die die Geschichten entwickelt anhand derer wir dann in Frankreich mit gecasteten Kindern und Jugendlichen Videos und Fotos produzieren. Dabei geht es um das ganz normale Leben, das auch unsere Lernenden so kennen — aber eben in allen Facetten. Wenn es beispielsweise um Feste geht, dann erzählt David ganz selbstverständlich vom Laubhüttenfest. Die blinde Elsa hat Stress mit ihren Eltern, weil diese sie nicht mit auf die Austauschfahrt fahren lassen wollen. Oder Idris besucht in den Ferien seine Oma in Tunesien, und lernt dort noch viele andere Verwandte kennen.
Da, wo es passt, lassen wir zusätzliches Wissen einfließen — z.B. als Module zu Festen und Feiertagen verschiedener Kulturen und Religionen, die in Frankreich gefeiert werden oder in der Vokabelliste, wo wir eine kurze Einführung zu Gebärdensprache (Band 1) und Braille-Schrift (Band 3) geben. Beides sind übrigens französische Erfindungen — und Teil des Alltags unserer Protagonist/-innen im Lehrwerk.
Wie kommt das an?
Julia Goltz: Unsere Lernenden identifizieren sich sehr stark mit den Protagonist/-innen — und zwar in erster Linie, weil sie gleich alt sind und in ihrem Leben ganz ähnliche Erfahrungen machen. Diese Verbindung öffnet sie aber auch für mögliche Unterschiede, die sie in den Geschichten kennenlernen. Besonders gut klappt das in den Videos, weil die den französischen Alltag wirklich hautnah transportieren und junge Lernende direkt ansprechen.