Schule gestalten / 24.10.2019

Wer sich wohlfühlt, lernt besser

Wie die Lehrer-Schüler-Beziehung gelingen kann

Eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung ist wichtig für erfolgreiches Lernen und Lehren. Denn wer respektiert und ernstgenommen wird, baut Vertrauen auf, fühlt sich wohl, ist motiviert und engagiert. Das haben Studien längst bewiesen. Doch wie funktioniert solch eine gute Beziehung?

Bild: Shutterstock.com/Jacob Lund

Spätestens die Meta-Meta-Studie "Visible Learning" des neuseeländischen Wissenschaftlers John Hattie, die 2013 in der deutschen Übersetzung veröffentlicht wurde, hat belegt, dass ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Lehrkraft und Schüler/-innen ein entscheidendes Kriterium für guten Unterricht ist. In vielen Schulen gehört Beziehungskultur längst zum Schulprogramm. In einer Schule mit solchen Rahmenbedingungen wird es Ihnen leichtfallen, diese Kultur auch in Ihren Klassen zu pflegen. Sind die Rahmenbedingungen weniger günstig, können Sie mit gutem Beispiel vorangehen und so im besten Fall erreichen, dass die gesamte Schule mit Ihnen gleichzieht.

Praxis

Keine Frage: Das Lehrer-Schüler-Verhältnis ist keines auf Augenhöhe. Als Lehrkraft üben Sie – sowohl durch Ihren Kompetenzvorsprung wie auch durch Ihre Befugnisse - eine besondere Rolle aus. Umgangssprachlich ausgedrückt: Sie sitzen am längeren Hebel. Umso wichtiger ist es, diese "Macht" nicht auszunutzen.

Gut Ding will Weile haben. Dies gilt für den Aufbau jeder Beziehung, also auch für den Aufbau einer guten Lehrer-Schüler-Beziehung. Sie braucht Zeit und erfordert eine Kennenlernphase von beiden Seiten. Wie Sie diese Phase und auch die folgenden Schritte gestalten, ist auch von Ihrer Lehrerpersönlichkeit abhängig. Sie ist aber auch den äußeren Umständen geschuldet. Wenn Sie als Fachlehrer oder Fachlehrerin viele Ihrer Schülerinnen und Schüler nur ein- oder zweimal pro Woche unterrichten, wird der Aufbau einer Beziehung für Sie dort schwieriger sein, als in der Klasse, die Sie als Klassenlehrer oder Klassenlehrerin führen. 

Unsere Vorschläge

 Suchen Sie sich aus diesen Vorschlägen einfach die passenden aus.

  • Bereits durch Ihr Auftreten schaffen Sie eine bestimmte Atmosphäre im Klassenzimmer. Eine selbstsichere und offene Körperhaltung, verbunden mit einem freundlichen Lächeln löst positive Reaktionen der Schülerinnen und Schüler aus, die sich auf die weiteren Interaktionen günstig auswirken können.
     
  • Beim Start in einer neuen Klasse sollten Sie sich nicht bloß mit Ihrem Namen vorstellen, sondern auch ein wenig von Ihrer Persönlichkeit preisgeben. Sie können zum Beispiel ein paar persönliche Dinge mitbringen und die Schülerinnen und Schüler raten lassen, was das mit Ihnen zu tun hat. Zum Beispiel ein Bild von einem Fahrrad, wenn sie sehr sportlich sind, das Bild Ihres Haustiers, bestimmte Bücher und so weiter. Erzählen sie auch, warum Sie diesen Beruf gewählt haben. So schaffen Sie eine entspannte Atmosphäre und machen es den Schülerinnen und Schülern leichter, auch etwas von sich zu erzählen.
     
  • Am ersten Tag begrüßen Sie Ihre Schülerinnen und Schüler möglicherweise per Handschlag. Warum nicht auch an manchen anderen Tagen? So zeigen Sie Ihre Wertschätzung und merken dabei sehr rasch, ob es den einzelnen Schülerinnen und Schülern gut geht oder nicht.
     
  • Die "schwierigen" Schülerinnen und Schüler werden Ihnen als erstes auffallen. Gerade "schwierige" Schülerinnen und Schüler sollten Sie in den ersten Wochen intensiv beobachten und ihre kleinen positiven Fortschritte sofort rückmelden.
  • Zeigen Sie Interesse über das reine Schulgeschehen hinaus. Zum Beispiel an den Hobbys Ihrer Schülerinnen und Schüler, am Lieblingsfußballverein, oder an ihrem Musikgeschmack. Doch Vorsicht! Werden Sie nicht zu persönlich und vermeiden Sie jegliches Anbiedern. Denn es gilt – bei allem Vertrauen – die vorgegebenen Rollen zu wahren.
     
  • Fehler sind wichtig fürs Lernen. Doch leider ist dieses didaktische Prinzip nicht unbedingt an allen Schulen verankert. Versuchen Sie eine positive Fehlerkultur in Ihrem Klassenzimmer vorzuleben. Dabei lernen die Kinder auch, wie man mit Mitschülerinnen und Mitschülern, Lehrern und Lehrerinnen achtungsvoll umgeht.
     
  • Lehrerinnen und Lehrer lehren, beziehungsweise belehren – das gehört zu ihrem Beruf. Dennoch sollten Sie sich immer wieder bewusst Zeit nehmen, Schülerinnen und Schülern in Ruhe zuhören, sie ausreden lassen, sich dafür interessieren, was sie denken, was sie ängstigt oder freut. Geben Sie außerdem immer mal wieder Entscheidungsfreiheiten ab, bei der Unterrichtsgestaltung etwa, bei den Themen oder bei den Hausaufgaben.
     
  • Loben ist wichtig. Doch gerade beim Loben gibt es sehr feine Unterschiede. Ein Lob kann sehr von "oben herab" kommen, ein anerkennendes Lob hingegen ist auch immer eines, bei dem das Kind als ganze Person erkannt wird und nicht bloß die aktuelle Leistung. Und: Je nach Alter reagieren Schülerinnen und Schüler ganz unterschiedlich auf das Loben. So wollen ältere Schülerinnen und Schüler nicht mehr unbedingt vor der ganzen Klasse gelobt werden. Wählen Sie dann eher eine andere Form, etwa das schriftliche Lob. Und vergessen Sie nicht, auch die ganze Klasse zu loben. Eine ernst gemeinte Anerkennung stärkt das Gemeinschaftsgefühl der Klasse und unterstützt den Teamgeist.    
  • Sprechen Sie Ihre Schülerinnen und Schüler mit ihrem Namen an, wenn Sie sie auf dem Schulhof sehen. Nutzen Sie vielfältige Kommunikationschancen: in den Pausen, während des Unterrichts, bei Wandertagen, im Schullandheim, bei Projekten. 
     
  • Sprechen Sie mit Ihren Schülerinnen und Schülern über deren Freude oder Unbehagen am Unterricht. Schülerinnen und Schüler sind Experten in Fragen des Unterrichts. Sie können viel von ihnen lernen. Außerdem können so alle an einer guten Lernsituation arbeiten.
     
  • Tauschen Sie ab und zu Ihre Rolle als Vorspieler oder Vorspielerin und werden Sie zum Mitspieler oder Mitspielerin. Für Sportlehrerinnen und Sportlehrer ist es relativ einfach, einmal Teil einer Mannschaft zu sein, aber auch in anderen Fächern können Sie sich als Lehrerin oder Lehrer auf Augenhöhe begeben und zum Beispiel Teil einer Arbeitsgruppe werden.                                
     
  • Suchen Sie unbedingt den regen Austausch mit den Eltern. So erfahren Sie, worauf Sie besonders achten müssen und welche Erwartungen die Eltern haben. Außerdem können Sie Ihnen jederzeit Rückmeldungen geben. Und zwar nicht nur, wenn es Probleme gibt, sondern unbedingt auch dann, wenn alles gut in der Schule läuft.

Fazit

Ein gutes Lehrer-Schüler-Verhältnis kommt allen Beteiligten zugute, sorgt es doch für ein lernfreundliches Unterrichtsklima. Und es hat einen weiteren Effekt, wie die Aldrup-Studie von 2018 zeigte: Dort wurde untersucht, wie sich ein gutes Verhältnis zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern auf das Wohlbefinden und auf die Motivation der Lehrkräfte selbst auswirkt. Ein Ergebnis: Wenn die Kinder unmotiviert und undiszipliniert sind, steigert dies die emotionale Erschöpfung der Lehrkraft.  Oder umgekehrt ausgedrückt: Eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung fördert auch Ihre eigene Gesundheit!

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